Montag, 12. Dezember 2011

Weihnachtsbilder



das Jesuskind, ich und die heilgen Drei Könige
Mein Josef und ich


hier reitet Maria auf einem Lama und nicht einem Esel

weihnachtliche Beleuchtung

Donnerstag, 8. Dezember 2011

Mariä Empfängins

Heute ist mal wieder Feiertag hier in Kolumbien. Und zwar wird Inmaculada Concepción gefeiert, auf deutsch
Mariä Empfängnis, das ist ein christlicher Feiertag vor Weihnachten. Am 8. Dezember feiern Katholiken weltweit die unbefleckte Empfängnis der Gottesmutter Maria. Es geht dabei nicht - wie von manchen angenommen - um die Empfängnis Jesu im Mutterleib Marias; Gefeiert wird die Empfängnis Marias im Körper ihrer Mutter Anna, wo sie ohne Erbsünde gezeugt wurde.
Gestern Abend war deshalb schon die Lichternacht, vor allen Häuser haben die Menschen Kerzen aufgestellt. Alle Bürgersteige und Hauseingänge waren mit Lichtern überflutet und es wurde sogar die eine oder andere Rakete abgefeuert. Das sah echt schön aus. Es gab auch eine Prozession in der Innenstadt. Popayan ist bekannt für seine Prozessionen, bei denen Heiligenstatuen, begleitet von Blumenmädchen durch die Stadt getragen werden. Diese Prozessionen sind sogar Weltkulturerbe und besonders berühmt ist die  in der Karwoche vor Ostern berühmt. Diese Umzüge werden seit Ewigkeiten immer von den gleichen Familien veranstaltet und als außenstehende Person kommt man normalerweise da gar nicht rein. Ich kenne aber den Praesidenten und hätte eigentlich als Blumenmädchen mitlaufen sollen. Das ist eine große Ehre. Leider konnte ich dann kurzfristig doch nicht daran teilnehmen, da ich eine schlimme Augenentzündung habe und deshalb bei einem Spezialarzt war. Mir wurde aber schon gesagt, dass ich in der Karwoche wieder herzlich eingeladen bin teilzunehmen.

Nun ist es kurz vor Weihnachten und hier ist alles sehr weihnachtlich geschmückt. Die Kolumbianer lieben Lichter und Glanz.So hängen an vielen Häusern blinkende Lichterketten, es werden Plastikbäume aufgestellt und alles ist voller bunter Lichter. Das sieht nachts sehr schön aus, auch wenn es etwas übertrieben und überladen wirkt. Hier gibt es keinen Adventskranz, dafür die aber Novenas:
An den neun Tagen vom 16. bis zum 24. Dezember werden im häuslichen und Nachbarschaftskreis täglich Gebete verrichtet, die sich auf die neun Monate vor der Geburt Jesu beziehen. Danach gibt es häufig Süßigkeiten und ein Essen. In meinem Kindergarten feiern wir jetzt schon vorgezogen die Novenas, da wir ja in einer Woche bereits Ferien haben. Jede Gruppe soll eine vorbereiten. Es werden Gebete gesprochen, Lieder gesungen und eine Geschichte vorgelesen. Die Kinder freuen sich besonders über die Süßigkeiten. Meine Gruppe hat die 9. erwischt, also die Geburt Jesu. Ich darf nun morgen die Maria spielen und sie haben mir einen echten Esel besorgt, auf dem ich reiten soll. Das wird bestimmt ein Spaß ;) Ich schicke euch später Bilder davon.

Ab kommender Woche bin ich 8 Tage in Quito und besuche dort einen Freund. Weihnachten werde ich zusammen mit der Familie meiner Gastmutter in Cali, einer nahegelegenen Stadt, feiern. Im Anschluss daran geht es 2 Wochen zum Urlaub an die Küste. Ihr seht, ich habe viel vor...
Wundert euch deshalb nicht, wenn ihr mal länger nichts von mir hört. Ich weiß noch nicht, wie ich wo Internet haben werde.

Viele vorweihnachtliche Grüße
Judith


typische Weihnachtssüßigkeit aus kandierten Früchten

auch hier gibt es Plätzchenbäcker




Dienstag, 29. November 2011

Tanzstunden

Hallo liebe Bolgleser,

wie geht es euch allen?

Hier ist alles gut. So langsam kommt hier trotz frühlingshaftem Wetter ein bisschen Weihnachtsstimmung auf, da die Leute ihre Häuser kitschig weihnachtlich schmücken und ständig Weihnachtslieder laufen.

Ich bin nach über 3 Monaten nun wirklich im Alltag angekommen und es passiert nicht mehr so viel Neues. Ich arbeite jeden Tag bis 5 Uhr und danach bin ich zu Hause oder habe Tanzstunden. Jeden Mittwoch und Freitag treffe ich mich mit 3 anderen Deutschen zum Tanzen. Das machen wir nun schon seit knapp 2 Monaten. Am Anfang waren wir mal 8, jetzt sind wir nur noch zu viert, da die anderen Jungs keine Lust mehr hatten. Es ist wirklich etwas anspruchsvoll, da es uns Deutschen vor allem am Rhythmus fehlt und an Hüfte :)
Den Kolumbianern ist das irgendwie angeboren, dass sie die Hüfte und auch ihren Oberkörper immer im Rhythmus bewegen, wir dagegen müssen das mühsam lernen. Aber wir machen Fortschritte und es macht auch wirklich Spaß. Es sind immer 2 Stunden, wir fangen mit Aufwärmübungen an und gehen dann über zu Salsa, Bachata und Merengue. Das Gelernte können wir am Wochenende auf Feiern oder in der Disko anwenden. Hier in Kolumbien wird eigentlich immer als Paar und wenig alleine getanzt, selbst moderne amerikanische Musik tanzen sie zu zweit
Ich habe euch ein Video hochgeladen und hoffe, dass ihr einigermaßen was sehen könnt. Es ist leider etwas dunkel, aber darauf seht ihr mich mit Moritz und manchmal auch Yan mit dem Tanzlehrer, wie wir Salsa tanzen. Wir lernen die ganzen Drehungen und Figuren einzeln und der Mann baut sie dann ein, wie er will. Umso mehr Drehungen man kann, umso spaßiger ist es natürlich.

Viele liebe Grüße

eure Judith





Montag, 21. November 2011

15. Geburtstag

Das wichtigste Fest im Leben einer Frau hier in Kolumbien, oder in ganz Südamerika, ist ihr 15. Geburtstag. Hier sagt man, dass man mit 15 Jahren zur Frau wird und das Leben beginnt. Ab diesem Tag ist man nicht mehr Kind, sondern eine eigenständige Frau und von da an muss man sein Leben selbst in die Hand nehmen. Der 15. Geburtstag ist aber nur bei Frauen wichtig, bei Männern eher nicht (die werden wohl nie ganz erwachsen :). Traditionell gibt es zu diesem Anlass ein großes Fest mit allen Verwandten und Freunden. Man bekommt vorher eine Einladung, die meistens in der Farbe gehalten ist, in der später die Tischdekoration und auch das Kleid des Geburtstagskindes sein werden. In der Einladung steht auch, für wie viele Personen sie gilt, allerdings hält sich da kaum jemand dran. Man bringt einfach noch andere Leute mit, sofern man Lust hat. So werden es am Ende ca. doppelt soviele, wie man eigentlich eingeladen hat. Ebenfalls steht drin, ob Geschenke oder Geld gewünscht wird. Und weil wir in Kolumbien sind, kommt der Gast mindestens 2 Stunden später, als auf der Einladung steht und das ist wirklich nicht übertrieben. Auf den Festen ist formelle Kleidung erwünscht und alle putzen sich kräftig dafür heraus. So lässt man sich die Fingernägel machen und geht vorher zum Friseur. Die Mädels tragen entweder bodenlange oder sehr kurze Kleider und die Männer einen Anzug. Wenn dann mal alle da sind, wird die Feier mit eine Rede des Vaters und der Mutter eröffnet und es wird ein Toast auf das Geburtstagskind ausgesprochen. Anschließend wird die Torte angeschnitten und alle Gäste bekommen ein Stück davon. Es ist übrigens sehr unhöflich sich nachzuholen. Danach wird eine sehr kitschige Form des Hochzeitswalzers gespielt und das Mädchen tanzt erst mit seinem Vater und später mit allen Onkels und Cousins. Sie wechseln sich immer gegenseitig ab. Ab da an ist die Tanzfläche für alle eröffnet, vorher darf kein anderer tanzen. Um ca. 23 Uhr gibt es ein Essen, also ein Stück Fleisch in Soße mit Kartoffeln, Reis, Obstsalat und einem kleinen Nachtisch. Das Essen ist eher symbolisch und die Leute essen von der Miniportion meistens nur einen Teil, weil um diese Uhrzeit eigentlich keiner mehr Hunger hat. Manchmal sind da auch noch 15 Jungs und Mädels, die die gleichen Kleider/Anzüge anhaben wie die Hauptperson und 3 typische Tänze tanzen. Ihre Funktion entspricht in etwa der von Brautjungfern. Das kommt aber eher selten vor, nur die reichsten Familien können sich das leisten. Die restliche Nacht wird bis in die frühen Morgenstunden getanzt und Aguadiente (ein Zuckerrohrschnaps mit Anisgeschmack) getrunken. Die Feier endet nicht vor dem Morgengrauen.
Wann das Fest stattfindet, ist übrigens egal. Die Kolumbianer nehmen des nicht so genau mit dem Geburtstag und man feiert einfach irgendwann um den Dreh rum. Es ist nicht wichtig, ob man vor dem Geburtstag oder danach gratuliert. Hauptsache irgendwann. Am Tag selber gehen viele im engsten Familienkreis in die Kirche und das Geburtstagskind wird extra gesegnet.
Für dieses Fest stürzt sich die Familie in große Unkosten und nimmt nicht selten einen hohen Kredit dafür auf. Selbst die ärmsten Slumbewohner mieten einen Saal an, bezahlen Essen und Getränke für alle und haben danach ihr Leben lang Schulden.
Eine neuere Mode ist es, statt dem Fest eine Reise zu machen. Die Colegios (Schulen) veranstalten Reisen, z.B. nach Disneyland oder auf eine Karibikinsel.
Ich war bereits auf zwei 15.Geburtstagen und es ist echt ein tolles Erlebnis.

Bilder folgen bald, ich hab zur Zeit leider so unregelmäßig Internet.

Ich hoffe euch geht es allen gut.

Liebe Grüße an das kalte Deutschland 


Das Geburtstagskind


der Tanz mit dem Vater

mit meiner besten Freundin hier

Montag, 14. November 2011

Essen

Nun mal zu einem sehr wichtigen Thema: Essen :)
Ein typisches Essen besteht hier aus Reis, Bohnen, gebratenem Fleisch (meistens Huhn oder Rind) und als Vorspeise eine Suppe. Die beliebteste Suppe heißt Sancocho und besteht aus Kartoffeln, Rindfleisch oder Fisch, Yuca, Platano, Mais und ein bisschen Gemüse. Ich esse ca. 4 Mal die Woche Sancocho :)
Auch beliebt ist Platano, das ist eine Bananenart, allerdings wesentlicher größer, nicht so süß und grüner als die herkömmliche Banane. Sie wird entweder fritiert oder gekocht gegessen. Zum Frühstück lieben die Kolumbianer Rührei mit verschiedenen Brotsorten. Das Brot ist weiß und meistens gesüßt. Ebensfalls wird oftmals eine Art Brötchen aus Mais (Choclo) gegessen oder Arepa, das sind Maisfladen. Die Masse für Choclo haben wir gestern selber hergestellt. Dazu mussten wir gekochten Mais durch eine Presse kurbeln. Herausgekommen ist ein gelber Brei, der wurde dann mit Mehl, Milch, Ei und Käse vermischt und morgens in heißem Öl ausgebacken.
Eine Spezialität hier sind so genannte Tamales. Jede Region hat ihr eigenes Rezept für Tamales, bei uns bestehen sie aus Reis mit Hähnchen, Kartoffeln, Karotten und einem halben Ei. Alles zusammen wird in ein Bananenblatt gewickelt und in heißem Wasser gekocht.
Was auch jeder Kolumbianer kennt sind Empanadas, das sind gefüllte Teigtaschen. Man kann sie entweder mit Fleisch oder einem Kartoffelbrei füllen. Dazu isst man gerne eine mit Blut und Reis gefüllte Wurst.
Chuzo ist ein Spieß mit verschiedenen Fleischsorten, der gegrillt wird und an jeder Straßenecke zu kaufen ist.

Meine Familie kauft wenig in Supermärkten ein, sondern lieber in der Galleria. Das ist ein riesiger Markt, der sich über ein ganzes Viertel erstreckt. Am Wochenende kommen die ganzen Bauern der umliegenden Dörfer und verkaufen in den Gassen und in einer großen Halle ihre Produkte. Man findet jegliche Art von Gemüse, Früchten, Fleisch, Fisch, Reis, Gewürzen und was man sonst noch so essen kann. Man kann Hühner entweder tot oder lebendig kaufen und von allen Seiten schreien einem die Leute zu, dass man bei ihnen kaufen soll. Mit meiner Oma war ich Samstagmorgen dort. Wir hatten eine lange Einkaufsliste und haben insgesamt 3 Säcke voller Lebensmittel gekauft. Ich mag die Galleria sehr, auch wenn es dort dreckig ist und stinkt. Aber die Produkte sind frisch, günstig und sehr lecker. Man darf fast immer vorher probieren. Und ich mag es einfach, wie die Leute sich durch die Gassen tummeln und die Händler auf ihren Kisten sitzen und mit den Kunden feilschen. Leider kann ich euch keine Fotos davon zeigen, da es wäre gute Idee ist mit einer Kamera da durch zu laufen. Zum Markt darf man keine Taschen mitnehmen, man hat alles in der Hosentasche, denn dort wird ziemlich viel geklaut.

Nun noch kurz zu den Essgewohnheiten der Kolumbianer:
1) sie essen unheimlich viel auf einmal
2) sie essen ganz oft am Tag und immer wieder Kleinigkeiten zwischen den Mahlzeiten
3) sie essen lieber mit dem Löffel, als mit einem Messer und mit einer Gabel
4) sie essen alles durcheinander: z.B. gibt es Obladen, die mit Marmelade, Caramel, gesüßter Milch und Käse bestrichen werden
5) sie werfen ihren Käse in den Kaffe/die Schokolade und trinken das dann gemeinsam

So, nun wünsche ich einen guten Appetit :)
mein Opa beim Tamales machen

die fertigen Tamales

unser Obstkorb: Mango, Granadilla, Trauben, Äpfel, Birnen, Bananen, Mandarinen, Maracuya

mein Gastvater beim Mais pressen

die Presse mit dem Maisbrei

die fertigen Choclo




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Montag, 7. November 2011

Brueckentage, Feste und Feiern

Die Kolumbianer feiern gerne, so viel steht fest. Hier steht nicht die Arbeit im Vordergrund, sondern dass man Spass hat. So geben mir meine Eltern auch immer ein "und vergnueg dich schoen" mit auf den Weg, wenn ich irgendwohin gehe. Und weil sie so gerne feiern, suchen die Kolumbianer auch immer wieder nach neuen Gruenden. Eine neuere Erscheinung hier ist Halloween. Eigentlich ein Fest aus den USA, aber die Kolumbianer haben das einfach uebernommen und gleich noch den "Tag des Kindes" daraus gemacht. So gab es die ganze Woche vor dem 31.10. in meinem Projekt Aktivitaeten fuer die Kinder. Einen Tag war ein Clown da, einmal haben wir einen Umzug mit Luftballons gemacht, die berittene Polizei hat uns besucht und die Kinder durften reiten und zu guter Letzt hat meine Gruppe seit ueber einem Monat einen Tanz einstudiert, welchen sie dann am Montag aufgefuehrt haben. Er hat gut geklappt und ich war unheimlich stolz auf die Kinder. Da wir uns leider keine Kostueme leisten konnten, haben wir den Eltern gesagt, dass alle in Jeans und weissem T-Shirt kommen sollen, weil das jeder zu Hause hat. Fuer die Maedels hab ich morgens Zopfgummis und Spaengchen gekauft und wir haben ihnen mit Geschenkband Frisuren gemacht und sie schliesslich noch aufwendig geschminkt. Sie sahen echt gut aus und haben schoen getanzt. Der Tanzlehrer hat den Maedchen immer zugerufen, dass sie wie Shakira tanzen sollen und so haben sie ihre Hueften kreisen lassen und ueber beide Ohren gestrahlt.
Am 31.10 haben sich zu Halloween alle Kinder verkleidet, so war zum Beispiel meine Gastschwester ein Elefant. In der Innenstadt war die Hoelle los, es wurden Staende mit verschiedenen Spielen aufgebaut und Clowns liefen herum. Die Kinder haben Unmengen von Suessigkeiten bekommen und sind abends zusaetzlich noch von Haus zu Haus gezogen und haben fuer Bonbons geklingelt. In meinem Projekt hat sich keiner verkleidet, da es sich einige leisten koennen, andere aber nicht. Und das waere nicht fair gegenueber den Aermeren.
Heute war dann mal wieder ein Feiertag, es wusste zwar keiner warum, aber alle hatten frei. Naechsten Montag uebrigens wieder. Die Feiertage werden immer an einem Montag begangen, egal auf welchen Tag sie fallen, damit man ein verlaengertes Wochenende hat. Das finde ich eine super Sache :) Pro Monat gibt es hier im Durchschnitt 2 Feiertage, das bedeutet, dass jede 2. Woche nur 4 Tage gearbeitet wird.
Dieses Wochenende war ich viel feiern. Am Samstag besuchte ich in einer Disko mit einigen Kolumbianern und Moritz aus Deutschland. In den Diskotheken wird Salsa, Merengue, Bachata und Reggaeton getanzt. Man sitzt an einem Tisch mit seinen Freunden und tanzt, wenn man aufgefordert wird. Dabei ist es egal, ob die Frau den Mann fragt oder umgekehrt. Oft wirft man sich nur einen Blick zu und dann geht’s  schon auf die Tanzflaeche.
Am Sonntag war ich auf einer Feier einer lokalen Salsaschule. Dort haben die einzelnen Gruppen oder Paare jeweils einen Tanz vorgefuehrt und zwischendrin haben die Zuschauer getanzt. Ich war echt begeistert, denn sie hatten es total drauf. Es war auch ein 11- jaehriges Paar dabei und sie haben alle uebertroffen. Sie haben mit unheimlich vielen Drehungen und Spruengen getanzt und das sah so unheimlich gut aus. Daneben kam ich mir etwas doof vor. Aber ich hatte trotzdem Spass und wurde viel aufgefordert. Danach war ich schliesslich noch in der aeltesten Disko Popayans. Sie ist in einem Privathaus in einem Armenviertel, dort hat man einfach das Erdgeschoss als Disko umfunktioniert und das schon seit 55 Jahren. Die Leute haben total ausgelassen getanzt. Ich wurde sehr herzlich begruesst, da ich die erste Auslaenderin war, die jemals diesen Laden betreten hat :) Es wurden nur alte Schallplatten aufgelegt, die sich an den Waenden gestapelt haben. Keine Ahnung, wie der Besitzer in dem Chaos etwas gefunden hat. Er hat den Laden alleine geschmissen und war so DJ, Kellner und noch vieles mehr in einer Person. An den Decken hingen alle Dinge, die die Leute so liegen lassen, von Klamotten ueber Schmuck bis Regenschirme. Es gab auch ein Schuhregal, wo sich die Frauen mit schmerzenden Fuessen flache oder einfach nur andere Schuhe ausleihen konnten. Ich fand den Laden super und hab auch dort sehr viel getanzt.
Wie ihr seht, wird mir hier nach ueber 2 Monaten immer noch nicht langweilig.

Viele Gruesse an das heute arbeitende Deutschland.

Eure Judith

Sonntag, 30. Oktober 2011

Wahlen

Kolumbien gliedert sich in 32 Departamentos, das sind die Bundeslaender, und jedes dieser hat eine Hauptstadt. So ist Popayan die Hauptstadt des Departementos Cauca. Nun gibt es die Alcaldes (Buergermeister) und die Gouverneure der Departamentos (Verwaltumgseinheiten) und diese wurden heute gewaehlt.
Aus diesem Grund war im ganzen Monat hoechste Sicherheitsstufe, da die Guerilla vor Wahlen immer wieder aktiv wird. Gemerkt hab ich das daran, dass jeden Tag mindestens 10 Hubschrauber (manchmal auch bis zu 20) ueber der Stadt kreisten, es war viel Polizei und Militaer anwesend und in den Nachrichten gab es immer wieder Berichte von Entfuehrungen. Meistens von Familiemitgliedern der Kandidaten, so wurde z.B. vor 3 Wochen die kleine Tochter eines Kandidaten entfuehrt und einige andere.
AFS (die Organisation, mit der ich hier bin) hat fuer uns ein Reiseverbot fuer diesen Monat ausgesprochen, da man nie wusste, was auf den Strassen ausserhalb der Stadt los ist. Aber zu eurer Beruhigung, die Stadt galt immer als sicher.
2 Tage vor den Wahlen darf kein Alkohol im ganzen Land konsumiert werden. Diese Regel dient zum einen dazu, um die Gewaltbereitschaft einzudaemmen, aber auch damit die Leute nicht noch betrunken vom Vorabend waehlen.
Allgemein darf jeder Staatsbuerger ab 18 Jahren waehlen, die Wahlbereitschaft liegt jedoch nur bei ca. 45%. Jeder Buerger muss zu einem bestimmten Ort zum Waehlen, den Ort erfahren sie an vielen verschiedenen Staenden am Strassenrand. Dort muss man mit seinem Ausweis hin, es wird nach der Nummer geschaut und man erfaehrt, wo man hin muss. Dieses Prinzip wurde deshalb eingefuehrt, da einige mit Ausweisen von bereits verstorbenen Personen waehlen wollten, damit sie es mehrmals tun koennen.
Nun will ich euch kurz das Wahlprinzip der Kolumbianer erklaeren, denn das ist etwas amuesant:
Die Leute waehlen nicht einen bestimmten Kandidaten, weil etwa seine Partei ihnen zusagt oder weil er bestimmte Vorhaben in seiner Amtsperiode verkuendet hat.. Nein, sie waehlen die Person, mit der sie irgendwas verbindet. Zum Beispiel waehlt meine Arbeitskollegin einen Mann, weil er ihrem Sohn einen besseren Arbeitsplatz versprochen hat, falls die ganze Familie ihn waehlt. Meine Gastfamilie waehlt einen anderen, weil die Freundin der Schwiegertochter der Nachbarin ihn mal gesehen hat und ihn sympathisch fand. Wie man sieht, geht es hier weniger um Politik als darum, einen Kandidaten aus rein persoenlichen Gruenden zu waehlen. Es wird auch ganz gezielt Stimmenkauf betrieben: Die Mitglieder einer Partei haben Formulare, in denen man mit seiner Unterschrift, Adresse, Name und Geburtsdatum bestaetigt, dass man diesen Kandidaten waehlen wird. Wenn ein Mitglied dann so und soviele Stimmen gesammelt hat, bekommt es Prozente in verschiedenen Laeden oder ein Geschenk. Oder die Parteien veranstalten Partys und die Leute muessen dort dafuer unterschreiben, dass sie sie waehlen. Ob die Leute im Endeffekt wirklich fuer sie stimmen ist allerdings fraglich...
Gewonnen hat letztendlich Fuentes von der konservativen Partei als Buergermeister und Temistocles als Gouverneur.

Sonntag, 23. Oktober 2011

Eine neue Familie

Die letzte Woche war etwas heftig, da mir am Wochenende meine ehemalige Gastmutter mitgeteilt hat, dass ich nicht weiterhin bei ihr wohnen kann, da sie schwere Probleme auf der Arbeit hat. Aus Sicherheitsgruenden musste ich meine Gastfamilie verlassen und bin zuerst fuer 2 Naechte im AFS-Buero untergekommen. Am Dienstag hat mich bereits eine neue Familie aufgenommen. Die Tage waren sehr hart fuer mich, aber gleichzeitig hab ich auch gemerkt, dass ich schon ein paar gute Freunde hier gefunden habe, die sich sehr um mich gekuemmert haben. Es war auch mit das erste Mal, dass mir bewusst wurde, dass Kolumbien, was Sicherheit angeht, wirklich eine andere Welt ist. In Deutschland wurden wir zwar darauf vorbereitet, dass es hier nicht so ist wie daheim und wir hier Dinge erleben wuerden, die es bei uns nie gaebe, aber persoenlich habe ich das bisher eben noch nicht mitbekommen. Erst dieses Wochenende habe ich gemerkt, was es heisst, hier in diesem suedamerikanischen Land zu leben.
Jetzt bin ich aber erstmal in Sicherheit und wohne nun bei einer anderen Familie. Ich will sie euch kurz vorstellen:
Meine Gastmutter Carolina Viviana (26 Jahre), mein Gastvater, Javier (37 Jahre) und meine kleine kanpp 2 jaehrige Gastschwester Mariana. Wie ihr seht, ist meine neue Familie noch sehr jung, sie unternehmen viel und sind allgemein sehr nett und witzig. Sie sind ungemein interessiert an Deutschland und meinem Leben dort und wollen mir auch so viel wie moeglich von ihrer Kultur und ihrem Land zeigen. Da freue ich mich schon drauf. Ich lebe jetzt etwas ausserhalb der Stadt, kann mit dem Bus aber immer noch alles gut erreichen. Wir wohnen in einem sehr reichen Viertel, was etwas widerspruechlich ist, da die Familie gar nicht so reich ist. Wir haben z.B. kein Hausmaedchen (was hier eigentlich normal ist)und nur ein kleines Auto und auch sonst leben sie eher wie die Mittelschicht. Nun fragt man sich natuerlich, wie sie sich dann so ein Haus leisten koennen. Aber hier geht viel ueber Beziehungen und so sind sie vielleicht etwas guenstiger an das Haus gekommen. Das ist ganz normal hier, dass man sich mit Beziehungen mehr kaufen kann, als man es sich eigentlich leisten koennte.
Gestern war ich bereits mit ihnen auf einer Hochzeit. Die Cousine von Javier hat geheiratet, zu diesem Anlass haben meine Gastmutter und ich uns von einer Freundin am Freitag die Fingernaegel machen lassen und am Samstag hat sich die ganze Familie rausgeputzt. Die Kirche sollte um 18.30 Uhr anfangen und wie es sich hier so gehoert, kamen wir eine knappe Stunde zu spaet, das war aber kein Problem, da die Braut ebenfalls so spaet kam. Eine Stunde Verspaetung ist hier noch kein Ding, da sagt keiner was. Die Kirche lief so aehnlich wie bei einer deutschen Hochzeit ab. Ich fande es nur etwas schade, da wenig gesungen wurde und hauptsächlich nur der Pfarrer die ganze Zeit geredet hat. Die Feier fand anschließend in einem Restaurant mit rund 80 Personen statt. Es gab etwas zum Essen und viel zum Trinken... Hier gibt es so einen aehnlichen Brauch wie den Brautstrauss fangen bei uns: Alle unverheirateten Frauen, also auch ich, mussten einen Schuh abgegeben, diese wurden dann alle zusammen unter dem Kleid der Braut versteckt, der Braeutigam hat einen nach dem anderen hervorgezogen und der letzte Schuh war von der Frau, die als naechstes heiraten wird und sie hat dann auch den Strauss bekommen. Ich hatte schon Angst, da mein Schuh einer der letzten war... Die ganze Familie hat mir zugerufen, dass ich bald heiraten muss, aber zum Glueck war mein Schuh doch nicht der letzte ;)
Die Familie meines Gastvaters ist unglaublich lustig drauf und sie haben mich sofort gut aufgenommen. Ich hab mit saemtlichen Cousins und Bruedern getanzt und mich gut mit allen unterhalten. Meine Tanten und Onkel sind ja nicht viel aelter als ich. Bis 3.30 Uhr haben meine Gasteltern und ich getanzt und ich hatte viel Spass. Es ist schoen, dass ich das, was ich in den Tanzstunden lerne,in der Praxis anwenden und ueben kann. Meine Gastmutter kommt aus Cali, was die Salsametropole hier ist und tanzt deshalb unglaublich gut.
So, jetzt war ich endlich mal auf einer Hochzeit, was ich mir ja schon so lange gewuenscht habe!

Insgesamt bin ich nun nach einer echt turbulenten Woche gluecklich und zufrieden mit meinem neuen Zuhause und freu mich auf die kommende Zeit.

Viele Gruesse in die Heimat

Judith





Samstag, 15. Oktober 2011

Kindergeschichten

Auf meiner Arbeit bekomme ich einige traurige Schicksale von Kindern mit. Allgemein sind die Kinder alle recht arm, aber einige haben ein besonders schweres Leben. So zum Beispiel mein Lieblingskind: Er lebt mit seiner Mutter und ihrem Freund (ich weiß nicht, ob er auch sein Vater ist oder nicht) in einer Hütte neben dem Friedhof. Sie können sich keine Wohnung oder gar ein Haus leisten und leben deshalb, wie viele andere hier, in einem selbstgebauten Verschlag aus allen möglichen Dingen, die man so auf dem Müll findet. Zu Essen gibt es kaum etwas und auch Kleidung ist Mangelware. So geht es aber vielen Leuten hier, da es in Kolumbien und gerade in Popayan kaum Arbeit gibt und der Staat die Armen auch nicht unterstützt. Was das wirklich traurige nun an seiner Geschichte ist, ist, dass er oft von dem Freund seiner Mutter geschlagen wird. Er kommt jede Woche mit neuen Verletzungen an, seine Mutter behauptet dann, er sei vom Fahrrad gefallen oder so. Einmal hatte er für 2 Wochen ein offenes Knie, weil er wahrscheinlich geschubst wurde und dabei schwer hingefallen ist. Es ist sehr traurig, da er ja erst 5 Jahre alt ist und sich gegen solche Dinge nicht wehren kann. Ich habe schon die Erzieherin gefragt, warum sie nicht mal mit der Mutter redet, aber sie meinte, die Mutter sei nicht besonders interessiert an ihrem Kind. Das merkt man auch, er wird von ihr nie zum Abschied oder zur Begrüßung umarmt und manchmal holt sie ihn erst gar nicht ab, dann muss er alleine nach Hause laufen. Wegen all diesen Gründen ist er sehr aggressiv und schlägt die anderen Kinder oft. Das führt dazu, dass keiner mit ihm spielen will und er meistens alleine da sitzt. Auch kann er sich nur schlecht konzentrieren und ist im Gegensatz zu den anderen Kindern sehr hintendran, er kann keine Farben, keine Zahlen, kann nicht malen etc. Ich versuche mich sehr um ihn zu kümmern und mein Chef meinte am Anfang zu mir, dass ich versuchen soll ihm etwas Aufmerksamkeit und Zuneigung zu schenken, denn nur so könnte man erreichen, dass er ruhiger wird. Anfangs war es sehr schwer, da er auch mich oft gebissen und getreten hat, wenn ich mal keine Zeit für ihn hatte und er so sehr an mir hing, dass kein anderes Kind in meine Nähe durfte. Aber jetzt sitzt er sehr oft auf meinem Schoß und kuschelt mit mir, in der letzten Zeit hat er auch angefangen mit den anderen Kindern zu spielen, wenn ich dabei bin und ist allgemein etwas ruhiger geworden, auch wenn es noch ein langer Weg ist. Aber es ist schön, dass man innerhalb von kurzer Zeit und mit wenig Mitteln viel erreichen kann.
Ein anderes Kind hat noch nie in seinem Leben seine Eltern gesehen, da sie in Honduras leben, weil sie dort eine Arbeit gefunden haben. Er wohnt bei seinen Großeltern, die allerdings auch schon alt und nicht mehr so fit sind. Als die Kids einmal ihre Familie aufmalen sollten und wir ihnen vorher erklärt haben, dass eine Familie aus Mutter, Vater und Kindern besteht, da saß er vor seinem Blatt Papier und hat zur Erzieherin gemeint, dass er aber doch gar nicht weiß, wie seine Eltern aussehen und sie daher auch nicht malen kann.
Ein Mädchen fängt immer furchtbar zu weinen an, wenn sie ihre Kleidung dreckig gemacht hat oder ein Armband oder so kaputt gegangen ist, sie sagt dann unter Tränen, dass sie großen Ärger zu Hause bekommt und ihre Mutter sehr sauer auf sie sei, wenn sie mit schmutzigen oder kaputten Sachen heimkommt. Wir versuchen dann ihre Hose oder ihr T-Shirt, so gut wie es geht, sauber zu bekommen, aber manchmal wird es einfach nicht sauber und dann ist es ein sehr trauriger Anblick, wenn sie abgeholt wird und mit Tränen in den Augen vor ihrer Mutter steht.
Das sind ein paar Schicksale, die mich hier sehr berühren. Diese Kinder sind noch so klein und müssen schon so viel aushalten und durchmachen. Das einzige, was wir ihnen im Kindergarten geben können, ist Aufmerksamkeit und etwas Zuneigung, aber es ist schwer, einem Kind, das viel Gewalt und Armut erlebt, klar zu machen, dass nicht alle Leute so sind. Vielen fehlt das Vertrauen...
Hier sind ein paar Bilder von Kindern und meinem Projekt, allerdings will ich aus Respekt keine Bilder von den oben genannten Kindern hier hinein stellen.

Liebe Grüße
Judith





Auf dem Gelände gibt es sehr viele kleinere Häuschen, in jedem ist ein Raum für eine Gruppe. Am rechten Bildrand sieht man den Raum, in dem ich arbeite.

Sonntag, 9. Oktober 2011

Cuando un Cristiano danza

...so hieß eines der viele Lieder, die wir heute in der Kirche gesungen haben. Jetzt wundern sich bestimmt viele, was ich in der Kirche mache. In Deutschland bin ich ja eher kein Kirchengänger, aber eine Bekannte aus meinem Viertel hat mich gefragt, ob ich mit ihr zum Gottesdienst möchte und da hab ich gleich zugesagt, weil das hier etwas anders abläuft. Um 7.30 sind wir zu einer nahe gelegenen Kirche gelaufen, dort waren schon viele Gläubige anwesend. Innerhalb von ein paar Minuten war die Kirche gerammelt voll. Und wie es sich für einen echten Kolumbianer gehört, ist der Pfarrer auch erstmal 20 Minuten später gekommen. Aber das hat keinem was ausgemacht, da wir solange einige Lieder gesungen haben. Die Leute benutzen keine Gesangsbücher, sie können die Lieder auswendig oder der Sänger der Band singt eine Strophe vor und die Gemeinde wiederholt sie. Wenn gesungen wird, tanzen alle dazu und strecken die Hände zum Himmel. Der Pfarrer war auch recht witzig, er hat uns immer angefeuert beim Singen, selbst auch viele Fragen direkt an die Gemeinde gestellt. Zum Beispiel: "Wie ist der Herr?" und alle schreien zurück : "Großartig ist der Herr". Wenn man einen solchen Gottesdienst besucht hat es also den Anschein, als wäre es eher ein Konzert. Auch der Pfarrer selbst hat einige Balladen gesungen und ist hinter dem Altar rumgetanzt. Aber die Texte und Gebete sind streng katholisch. Vieles kam mir bekannt vor aus Deutschland, z.B. das Glaubensbekenntnis. Die Leute beten sehr innig und rennen am Ende alle vor zum Pfarrer um einen Spritzer Weihwasser abzubekommen.
Der Pfarrer hat eine schöne Predigt gehalten, es ging darum, dass man nicht immer so viel über sein Leben jammern, sondern mal mehr auf die schönen Dinge achten soll. Und man hat immer zwei Möglichkeiten, entweder man nimmt Herausforderungen an und wächst daran oder man versinkt in Selbstmitleid. Ich konnte mich mit einigen Dingen, die er sagte, gut identifizieren, da es hier nicht immer leicht für mich ist und ich schon die ein oder andere Herausforderung  zu meistern hatte.

Nun noch kurz zu einem anderen Thema: Am Freitag war in ganz Kolumbien ein Streik der Lehrer und Erzieher. So musste auch ich nicht arbeiten und hatte einen freien Tag. Zusammen mit Lina, einer anderen Freiwilligen, bin ich mittags ins Zentrum und wir haben uns die Demo angesehen. Allerdings war so viel Polizei anwesend, dass man mehr bewaffnete Polizisten gesehen hat, als Demonstranten. Das Problem ist, dass die Regierung fast kein Geld für Bildung ausgibt und so müssen die Schüler selbst für öffentliche Schulen viel bezahlen und das kann sich nicht jeder leisten. Allerdings ist das nichts Neues und schon seit einigen Jahren gibt es regelmäßig Streiks und Demos, es ändert sich allerdings wenig. Wenn ich hier erzähle, dass bei uns Schule für alle kostenlos ist und Bildung nicht vom Einkommen der Eltern abhängt, dann können sie das kaum glauben. Sie sind fasziniert von unserem Sozialsystem. Die Demo verlief  sehr friedlich und die Wasserstrahler und die viele Polizisten kamen nicht zum Einsatz.

Nun wünsche ich euch allen eine schöne Woche und bis bald!

Samstag, 1. Oktober 2011

Ausflug auf den Bauernhof

Die Gegend um Popayan ist sehr ländlich und es gibt viele so genannte "Granjas". Unter einer Granja versteht man eine Art Bauernhof, allerdings nicht wie bei uns mit großen Feldern und Traktoren, sonderen eher eine Farm mit verschiedenen Tieren und Gemüseanbau. Am Donnerstag hab ich mit meinen Kindern einen Ausflug auf eine der Granjas gemacht. Eigentlich sollte diese Aktion schon letzte Woch stattfinden. Aber es gab einige Demonstrationen auf meiner Arbeitsstelle (meine Projekt ist staatlich und Anlaufpunkt für jegliche Demos gegen die Regierung) und so mussten wir es verschieben. Morgens um 9.00 Uhr sind wir mit dem Bus raus aufs Land gefahren. Wir waren insgesamt 2 Gruppen, also 60 Kinder im Alter von 3-5 Jahren und 6 Erzieher. Im Bus musste man immer aufpassen, dass niemand runterfällt und sich alle einigermaßen ruhig verhalten, denn bei den schlechten Straßen rummpelt es ganz schön. Nach ca. 30 Minuten Fahrt kamen wir an und ich war erstmal erstaunt, denn die Granja war sehr groß und total ordentlich. Sowas sieht man nicht oft hier, es war fast wie so ein Ferienbauernhof in Deutschland. Auf einer riesen Fläche gab es viele verschiedene Beete mit Gemüse- und Obstanbau, einige Ställe für die verschiedenen Tiere, einen kleinen See, ein Stück Wald und ein großes Haus, in dem man auch übernachten kann. Wir haben die Kinder in 2 Gruppen geteilt und sind dann mit einer Angestellten der Granja losgezogen. Den Kindern wurden die einzelnen Tiere vorgestellt, erklärt, was sie essen und weswegen man sie hält. Dann durften wir sie füttern und den Kids wurde sogar beigebracht, wie man eine Kuh melkt und jeder durfte es mal ausprobieren. Am Ende hatten wir dann einen Becher frische Milch und alle waren begeistert. Wir haben Hühner, einen Pfau, einen Strauß, Enten, tausende von Hasen und Meerschweinchen, Kühe, Esel, Ziegen und vieles mehr gesehen. Auch wurden einige Pflanzen bestaunt und uns wurde erklärt, warum Würmer so wichtige sind für die Natur und wie sie organische Abfälle zersetzten und zu Humus machen. Auch sind wir durch ein Stück Wald gelaufen und haben der Natur zugehört und die Kinder haben dann erzählt, was sie gehört haben, z.B. Vögel oder den Bach. Ich fande das toll, dass ihnen so die Natur etwas näher gebracht wird. Am Ende saßen dann alle erschöpft von den vielen Eindrücken in dem Haus und haben einen selbstgemachten Jogurt gegessen. Auf der Heimfahrt haben dann einige geschlafen, was unglaublich süß war. Ich war von dem Ausflug begeistert, weil wir viel gelernt und gesehen haben und ich finde es einfach toll, dass trotz Geldmangel solche Dinge gemacht werden. Wer konnte und wollte hat 2 Euro für den Ausflug gezalht, der Rest wurde vom Projekt übernommen.
Ich hab mich mal erkundigt, wie sich der Kindergarten finanziert: die Eltern zahlen ja, wenn sie können, ca. 10 Euro im Monat, eine große Supermarktkette spendet fast alle Lebensmittel, die wir täglich brauchen und die Gehälter der Erzieherinnen werden vom Staat gestellt. Die Kinder malen einmal im Monat einen Karte für den Supermarkt als Dankeschön.

Ich habe mit 4 anderen Deutschen einen Tanzlehrer engagiert und gestern war unsere erste Salsastunde. Der Lehrer kommt zweimal die Woche zu Moritz nach Hause und gibt uns jeweils 2 Stunden Unterricht. Also haben wir insgesamt 4 Stunden/Woche privaten Tanzunterricht, das ganze kostet aber gerademal 12 Euro im Monat, ist also echt sehr billig. Er will uns Salsa, Samba, Merengue, Bachata und Folklore bei bringen. Gestern wars schonmal super: er zeigt uns einen Schritt und wir üben ihn solange, bis ihn jeder kann. Da wir 2 Jungs und 3 Mädels sind, können wir auch zusammen tanzen und das macht großen Spaß. Der Lehrer ist zwar erst 19, aber er tanzt wie ein Gott und hat auch kein Erbarmen mit uns. Er lässt uns solange üben, bis er zufrieden ist und ich kann euch sagen, dass es sehr anstrengend ist 2 Stunden ohne Pause Salsa und co. zu tanzen. Wir waren teilweise echt fertig...Aber es ist echt super, dass wir zusammen tanzen lernen, da hier jeder sobald irgendwo Musik läuft tanzt und das auch noch sehr sehr gut und wir wollen da ja nicht blöd nebendran stehen :)

Liebe Grüße
Judith

ein Teil der Gruppe mit meinem Chef



Gras für die Hühner sammeln...

mein Lieblinskind....

beim Kuh melken

bei den Ziegen

Hasen füttern

kleine Stärkung mit Milch und Keks

so ein Ausflug macht ganz schön müde

Freitag, 23. September 2011

Silvia

Landschaft rund um das Dorf
Letzten Sonntag sind meine Gasteltern mit mir nach Silvia, ein kleines Dorf in den Bergen gefahren. Silvia wird auch "die Schweiz Südamerikas" genannt, da die Landschaft ebenso aussieht. Und tatsächlich, als wir dort ankamen, dachte ich, ich sei in der Schweiz: Silvia liegt in einem kleinen Tal, umgeben von grünen Bergen mit Kühen und Bächchen. Der Ort bildet das Zentrum der Guambiano-Indianer und ist Sitz des Cabildo Mayor de Guambia, des großen Rates dieses Indianervolkes. Sie tragen blaue Röcke, Ponchos und Hüte, wobei Männer und Frauen die gleiche Kleidung anhaben. Sie wohnen in kleinen Lehmhütten in den Bergen um Silvia und ernähren sich von dem, was sie anbauen. So sind sie nicht abhängig von der westlichen Zivilisation. Neben dem Spanischen sprechen sie ihre eigene Sprache und hüten ihre Bräuche und Traditionen. Der Ort an sich ist unspektakulär, in Deutschland würde man sagen, es ist ein richtiges Kaff. Aber wie schon gesagt, die Landschaft ist wunderschön. Meine Gastmutter hat vorher zu mir gemeint, ich müsse mich ganz warm anziehen, in Silvia sei es so kalt, wie im deutschen Winter. Da es auf knapp 3000 Meter Höhe liegt, war es tatsächlich etwas kühler. Aber als ich ihr erklärt hab, dass 20 Grad für mich nicht kalt sind und es im Winter bei uns nicht selten -10 Grad hat, da konnte sie es nicht glauben. Bogota und Silvia sind für sie dir kältesten Orte der Welt und sie hat den ganzen Tag gefroren :)
Der Ort ist bekannt für seinen Fisch, Trucha. Im Reisefüherer steht, es sind Regenbogen- und Lachsforellen und ich finde sie sehr lecker. Wir sind mit dem Auto zu einem Bauernhof außerhalb gefahren und mein Gastvater hat seine Angelausrüstung ausgepackt. In einem Weiher haben wir zusammen insgesamt 10 Fische gefangen. Ich hatte großen Spaß dabei und überlege mir nun, ob ich nicht Profianglerin werden soll :) Zwei kleine Jungs haben uns immer den Hacken aus dem Fisch entfernt und wir mussten nur die Angel ins Wasser halten und abwarten. Auf dem Bauernhof wurde der Fisch auch gleich gewaschen und ausgenommen, so dass wir ihn daheim nur noch in die Pfanne hauen mussten.
Silvia liegt zwar nur 50 Kilometer von Popayan entfernt, trotzdem haben wir ganze 1,5 Stunden gebraucht, um dorthin zu kommen. Anfangs gab es noch eine Straße, doch nach einiger Zeit hat diese aufgehört und wir sind auf einem Erdweg mit riesigen Kieselsteinen weitergefahren. Mehr als 10 km/h waren da nicht möglich. Bis auf die Hauptverkehrsstraßen sind leider alle Verbindungen zwischen den Ortschaften hier so schlecht und deshalb braucht man ewig, um von A nach B zu kommen.
Angelprofi :)

unsre zwei kleinen Helfer

Guambiano- Indianer

Trucha

der Weiher



die Kirche des Dorfes

Blick vom Marktplatz
Gestern war hier der "dia sin carros", also ein autofreier Tag. Kolumbien bekommt die Auswirkungen der globalen Erwärmung stark zu spüren, so regnet es hier jetzt das ganze Jahr über, noch vor einigen Jahren gab es eine Regen- und eine Sommerzeit. Auf Grund dessen versucht die Regierung die Massen an Autos zu reduzieren. So sind beispielsweise jeden Sonntag in den Städten einige Straßen für den Verkehr gesperrt, auf denen tummeln sich dann Radfahrer, Jogger oder andere Sportler. An manchen Tagen dürfen einige Autos nicht fahren, welche, das sind wird durch das Kennzeichen festgelegt (wobei es da nicht nach Abgasmenge wie in Deutschland geht, es geht nur um die Anzahl der Autos). Zum Beispiel dürfen an einem Tag alle Autos, deren Kennzeichen auf die Nummer 8 endet, nicht fahren. Und gestern war eben dieser autofreie Tag. Alle motorisierten Fahrzeuge mussten zu Hause stehen bleiben. Ausnahmen bildeten Taxen und Busse. Meine Gastmutter hat sich für diesen Tag extra ein Fahrrad geliehen und wir mussten Mittwochabends noch mit ihr üben, da sie seit 30 Jahren nicht mehr auf einem Rad saß. Sie ist später mit dem Rad zur Arbeit gefahren, wie viele andere auch. Ich hatte aber das Gefühl, dass leider umso mehr Taxen unterwegs waren und so gab es immer noch viel Verkehr...

die schönste Kirche der Stadt

Innenhof in einem alten Kolonialhaus
Gestern besuchte ich mit meiner Spanischlehrerin drei Museen der Stadt. Es gibt hier einige, da in Popayan viele Künstler leben. Leider sind kaum Leute daran interessiert. Meine Lehrerin bildet da eine Ausnahme und so haben wir Unterricht im Museum gemacht, was ich sehr schön und vor allem interessant fand. Die Ausstellungen sind sehr klein und befinden sich meistens in den ehemaligen Wohnhäusern der Künstler. Die Häuser in der Altstadt sind wunderschön, mit ihren weisen Fassaden und die meisten haben einen tollen Innenhof in Form eines kleinen Gartens. Im Zuge dessen war ich auch in der Universität, die Gebäude der Uni sind in der ganzen Stadt verteilt. Wir waren in einem sehr alten Gebäude, da in diesem ein großes Wandgemälde von der Stadt und ihren berühmten Einwohnern hängt.

Ich wünsche euch allen ein schönes Wochenende!

Eure Judith