Dienstag, 29. November 2011

Tanzstunden

Hallo liebe Bolgleser,

wie geht es euch allen?

Hier ist alles gut. So langsam kommt hier trotz frühlingshaftem Wetter ein bisschen Weihnachtsstimmung auf, da die Leute ihre Häuser kitschig weihnachtlich schmücken und ständig Weihnachtslieder laufen.

Ich bin nach über 3 Monaten nun wirklich im Alltag angekommen und es passiert nicht mehr so viel Neues. Ich arbeite jeden Tag bis 5 Uhr und danach bin ich zu Hause oder habe Tanzstunden. Jeden Mittwoch und Freitag treffe ich mich mit 3 anderen Deutschen zum Tanzen. Das machen wir nun schon seit knapp 2 Monaten. Am Anfang waren wir mal 8, jetzt sind wir nur noch zu viert, da die anderen Jungs keine Lust mehr hatten. Es ist wirklich etwas anspruchsvoll, da es uns Deutschen vor allem am Rhythmus fehlt und an Hüfte :)
Den Kolumbianern ist das irgendwie angeboren, dass sie die Hüfte und auch ihren Oberkörper immer im Rhythmus bewegen, wir dagegen müssen das mühsam lernen. Aber wir machen Fortschritte und es macht auch wirklich Spaß. Es sind immer 2 Stunden, wir fangen mit Aufwärmübungen an und gehen dann über zu Salsa, Bachata und Merengue. Das Gelernte können wir am Wochenende auf Feiern oder in der Disko anwenden. Hier in Kolumbien wird eigentlich immer als Paar und wenig alleine getanzt, selbst moderne amerikanische Musik tanzen sie zu zweit
Ich habe euch ein Video hochgeladen und hoffe, dass ihr einigermaßen was sehen könnt. Es ist leider etwas dunkel, aber darauf seht ihr mich mit Moritz und manchmal auch Yan mit dem Tanzlehrer, wie wir Salsa tanzen. Wir lernen die ganzen Drehungen und Figuren einzeln und der Mann baut sie dann ein, wie er will. Umso mehr Drehungen man kann, umso spaßiger ist es natürlich.

Viele liebe Grüße

eure Judith





Montag, 21. November 2011

15. Geburtstag

Das wichtigste Fest im Leben einer Frau hier in Kolumbien, oder in ganz Südamerika, ist ihr 15. Geburtstag. Hier sagt man, dass man mit 15 Jahren zur Frau wird und das Leben beginnt. Ab diesem Tag ist man nicht mehr Kind, sondern eine eigenständige Frau und von da an muss man sein Leben selbst in die Hand nehmen. Der 15. Geburtstag ist aber nur bei Frauen wichtig, bei Männern eher nicht (die werden wohl nie ganz erwachsen :). Traditionell gibt es zu diesem Anlass ein großes Fest mit allen Verwandten und Freunden. Man bekommt vorher eine Einladung, die meistens in der Farbe gehalten ist, in der später die Tischdekoration und auch das Kleid des Geburtstagskindes sein werden. In der Einladung steht auch, für wie viele Personen sie gilt, allerdings hält sich da kaum jemand dran. Man bringt einfach noch andere Leute mit, sofern man Lust hat. So werden es am Ende ca. doppelt soviele, wie man eigentlich eingeladen hat. Ebenfalls steht drin, ob Geschenke oder Geld gewünscht wird. Und weil wir in Kolumbien sind, kommt der Gast mindestens 2 Stunden später, als auf der Einladung steht und das ist wirklich nicht übertrieben. Auf den Festen ist formelle Kleidung erwünscht und alle putzen sich kräftig dafür heraus. So lässt man sich die Fingernägel machen und geht vorher zum Friseur. Die Mädels tragen entweder bodenlange oder sehr kurze Kleider und die Männer einen Anzug. Wenn dann mal alle da sind, wird die Feier mit eine Rede des Vaters und der Mutter eröffnet und es wird ein Toast auf das Geburtstagskind ausgesprochen. Anschließend wird die Torte angeschnitten und alle Gäste bekommen ein Stück davon. Es ist übrigens sehr unhöflich sich nachzuholen. Danach wird eine sehr kitschige Form des Hochzeitswalzers gespielt und das Mädchen tanzt erst mit seinem Vater und später mit allen Onkels und Cousins. Sie wechseln sich immer gegenseitig ab. Ab da an ist die Tanzfläche für alle eröffnet, vorher darf kein anderer tanzen. Um ca. 23 Uhr gibt es ein Essen, also ein Stück Fleisch in Soße mit Kartoffeln, Reis, Obstsalat und einem kleinen Nachtisch. Das Essen ist eher symbolisch und die Leute essen von der Miniportion meistens nur einen Teil, weil um diese Uhrzeit eigentlich keiner mehr Hunger hat. Manchmal sind da auch noch 15 Jungs und Mädels, die die gleichen Kleider/Anzüge anhaben wie die Hauptperson und 3 typische Tänze tanzen. Ihre Funktion entspricht in etwa der von Brautjungfern. Das kommt aber eher selten vor, nur die reichsten Familien können sich das leisten. Die restliche Nacht wird bis in die frühen Morgenstunden getanzt und Aguadiente (ein Zuckerrohrschnaps mit Anisgeschmack) getrunken. Die Feier endet nicht vor dem Morgengrauen.
Wann das Fest stattfindet, ist übrigens egal. Die Kolumbianer nehmen des nicht so genau mit dem Geburtstag und man feiert einfach irgendwann um den Dreh rum. Es ist nicht wichtig, ob man vor dem Geburtstag oder danach gratuliert. Hauptsache irgendwann. Am Tag selber gehen viele im engsten Familienkreis in die Kirche und das Geburtstagskind wird extra gesegnet.
Für dieses Fest stürzt sich die Familie in große Unkosten und nimmt nicht selten einen hohen Kredit dafür auf. Selbst die ärmsten Slumbewohner mieten einen Saal an, bezahlen Essen und Getränke für alle und haben danach ihr Leben lang Schulden.
Eine neuere Mode ist es, statt dem Fest eine Reise zu machen. Die Colegios (Schulen) veranstalten Reisen, z.B. nach Disneyland oder auf eine Karibikinsel.
Ich war bereits auf zwei 15.Geburtstagen und es ist echt ein tolles Erlebnis.

Bilder folgen bald, ich hab zur Zeit leider so unregelmäßig Internet.

Ich hoffe euch geht es allen gut.

Liebe Grüße an das kalte Deutschland 


Das Geburtstagskind


der Tanz mit dem Vater

mit meiner besten Freundin hier

Montag, 14. November 2011

Essen

Nun mal zu einem sehr wichtigen Thema: Essen :)
Ein typisches Essen besteht hier aus Reis, Bohnen, gebratenem Fleisch (meistens Huhn oder Rind) und als Vorspeise eine Suppe. Die beliebteste Suppe heißt Sancocho und besteht aus Kartoffeln, Rindfleisch oder Fisch, Yuca, Platano, Mais und ein bisschen Gemüse. Ich esse ca. 4 Mal die Woche Sancocho :)
Auch beliebt ist Platano, das ist eine Bananenart, allerdings wesentlicher größer, nicht so süß und grüner als die herkömmliche Banane. Sie wird entweder fritiert oder gekocht gegessen. Zum Frühstück lieben die Kolumbianer Rührei mit verschiedenen Brotsorten. Das Brot ist weiß und meistens gesüßt. Ebensfalls wird oftmals eine Art Brötchen aus Mais (Choclo) gegessen oder Arepa, das sind Maisfladen. Die Masse für Choclo haben wir gestern selber hergestellt. Dazu mussten wir gekochten Mais durch eine Presse kurbeln. Herausgekommen ist ein gelber Brei, der wurde dann mit Mehl, Milch, Ei und Käse vermischt und morgens in heißem Öl ausgebacken.
Eine Spezialität hier sind so genannte Tamales. Jede Region hat ihr eigenes Rezept für Tamales, bei uns bestehen sie aus Reis mit Hähnchen, Kartoffeln, Karotten und einem halben Ei. Alles zusammen wird in ein Bananenblatt gewickelt und in heißem Wasser gekocht.
Was auch jeder Kolumbianer kennt sind Empanadas, das sind gefüllte Teigtaschen. Man kann sie entweder mit Fleisch oder einem Kartoffelbrei füllen. Dazu isst man gerne eine mit Blut und Reis gefüllte Wurst.
Chuzo ist ein Spieß mit verschiedenen Fleischsorten, der gegrillt wird und an jeder Straßenecke zu kaufen ist.

Meine Familie kauft wenig in Supermärkten ein, sondern lieber in der Galleria. Das ist ein riesiger Markt, der sich über ein ganzes Viertel erstreckt. Am Wochenende kommen die ganzen Bauern der umliegenden Dörfer und verkaufen in den Gassen und in einer großen Halle ihre Produkte. Man findet jegliche Art von Gemüse, Früchten, Fleisch, Fisch, Reis, Gewürzen und was man sonst noch so essen kann. Man kann Hühner entweder tot oder lebendig kaufen und von allen Seiten schreien einem die Leute zu, dass man bei ihnen kaufen soll. Mit meiner Oma war ich Samstagmorgen dort. Wir hatten eine lange Einkaufsliste und haben insgesamt 3 Säcke voller Lebensmittel gekauft. Ich mag die Galleria sehr, auch wenn es dort dreckig ist und stinkt. Aber die Produkte sind frisch, günstig und sehr lecker. Man darf fast immer vorher probieren. Und ich mag es einfach, wie die Leute sich durch die Gassen tummeln und die Händler auf ihren Kisten sitzen und mit den Kunden feilschen. Leider kann ich euch keine Fotos davon zeigen, da es wäre gute Idee ist mit einer Kamera da durch zu laufen. Zum Markt darf man keine Taschen mitnehmen, man hat alles in der Hosentasche, denn dort wird ziemlich viel geklaut.

Nun noch kurz zu den Essgewohnheiten der Kolumbianer:
1) sie essen unheimlich viel auf einmal
2) sie essen ganz oft am Tag und immer wieder Kleinigkeiten zwischen den Mahlzeiten
3) sie essen lieber mit dem Löffel, als mit einem Messer und mit einer Gabel
4) sie essen alles durcheinander: z.B. gibt es Obladen, die mit Marmelade, Caramel, gesüßter Milch und Käse bestrichen werden
5) sie werfen ihren Käse in den Kaffe/die Schokolade und trinken das dann gemeinsam

So, nun wünsche ich einen guten Appetit :)
mein Opa beim Tamales machen

die fertigen Tamales

unser Obstkorb: Mango, Granadilla, Trauben, Äpfel, Birnen, Bananen, Mandarinen, Maracuya

mein Gastvater beim Mais pressen

die Presse mit dem Maisbrei

die fertigen Choclo




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Montag, 7. November 2011

Brueckentage, Feste und Feiern

Die Kolumbianer feiern gerne, so viel steht fest. Hier steht nicht die Arbeit im Vordergrund, sondern dass man Spass hat. So geben mir meine Eltern auch immer ein "und vergnueg dich schoen" mit auf den Weg, wenn ich irgendwohin gehe. Und weil sie so gerne feiern, suchen die Kolumbianer auch immer wieder nach neuen Gruenden. Eine neuere Erscheinung hier ist Halloween. Eigentlich ein Fest aus den USA, aber die Kolumbianer haben das einfach uebernommen und gleich noch den "Tag des Kindes" daraus gemacht. So gab es die ganze Woche vor dem 31.10. in meinem Projekt Aktivitaeten fuer die Kinder. Einen Tag war ein Clown da, einmal haben wir einen Umzug mit Luftballons gemacht, die berittene Polizei hat uns besucht und die Kinder durften reiten und zu guter Letzt hat meine Gruppe seit ueber einem Monat einen Tanz einstudiert, welchen sie dann am Montag aufgefuehrt haben. Er hat gut geklappt und ich war unheimlich stolz auf die Kinder. Da wir uns leider keine Kostueme leisten konnten, haben wir den Eltern gesagt, dass alle in Jeans und weissem T-Shirt kommen sollen, weil das jeder zu Hause hat. Fuer die Maedels hab ich morgens Zopfgummis und Spaengchen gekauft und wir haben ihnen mit Geschenkband Frisuren gemacht und sie schliesslich noch aufwendig geschminkt. Sie sahen echt gut aus und haben schoen getanzt. Der Tanzlehrer hat den Maedchen immer zugerufen, dass sie wie Shakira tanzen sollen und so haben sie ihre Hueften kreisen lassen und ueber beide Ohren gestrahlt.
Am 31.10 haben sich zu Halloween alle Kinder verkleidet, so war zum Beispiel meine Gastschwester ein Elefant. In der Innenstadt war die Hoelle los, es wurden Staende mit verschiedenen Spielen aufgebaut und Clowns liefen herum. Die Kinder haben Unmengen von Suessigkeiten bekommen und sind abends zusaetzlich noch von Haus zu Haus gezogen und haben fuer Bonbons geklingelt. In meinem Projekt hat sich keiner verkleidet, da es sich einige leisten koennen, andere aber nicht. Und das waere nicht fair gegenueber den Aermeren.
Heute war dann mal wieder ein Feiertag, es wusste zwar keiner warum, aber alle hatten frei. Naechsten Montag uebrigens wieder. Die Feiertage werden immer an einem Montag begangen, egal auf welchen Tag sie fallen, damit man ein verlaengertes Wochenende hat. Das finde ich eine super Sache :) Pro Monat gibt es hier im Durchschnitt 2 Feiertage, das bedeutet, dass jede 2. Woche nur 4 Tage gearbeitet wird.
Dieses Wochenende war ich viel feiern. Am Samstag besuchte ich in einer Disko mit einigen Kolumbianern und Moritz aus Deutschland. In den Diskotheken wird Salsa, Merengue, Bachata und Reggaeton getanzt. Man sitzt an einem Tisch mit seinen Freunden und tanzt, wenn man aufgefordert wird. Dabei ist es egal, ob die Frau den Mann fragt oder umgekehrt. Oft wirft man sich nur einen Blick zu und dann geht’s  schon auf die Tanzflaeche.
Am Sonntag war ich auf einer Feier einer lokalen Salsaschule. Dort haben die einzelnen Gruppen oder Paare jeweils einen Tanz vorgefuehrt und zwischendrin haben die Zuschauer getanzt. Ich war echt begeistert, denn sie hatten es total drauf. Es war auch ein 11- jaehriges Paar dabei und sie haben alle uebertroffen. Sie haben mit unheimlich vielen Drehungen und Spruengen getanzt und das sah so unheimlich gut aus. Daneben kam ich mir etwas doof vor. Aber ich hatte trotzdem Spass und wurde viel aufgefordert. Danach war ich schliesslich noch in der aeltesten Disko Popayans. Sie ist in einem Privathaus in einem Armenviertel, dort hat man einfach das Erdgeschoss als Disko umfunktioniert und das schon seit 55 Jahren. Die Leute haben total ausgelassen getanzt. Ich wurde sehr herzlich begruesst, da ich die erste Auslaenderin war, die jemals diesen Laden betreten hat :) Es wurden nur alte Schallplatten aufgelegt, die sich an den Waenden gestapelt haben. Keine Ahnung, wie der Besitzer in dem Chaos etwas gefunden hat. Er hat den Laden alleine geschmissen und war so DJ, Kellner und noch vieles mehr in einer Person. An den Decken hingen alle Dinge, die die Leute so liegen lassen, von Klamotten ueber Schmuck bis Regenschirme. Es gab auch ein Schuhregal, wo sich die Frauen mit schmerzenden Fuessen flache oder einfach nur andere Schuhe ausleihen konnten. Ich fand den Laden super und hab auch dort sehr viel getanzt.
Wie ihr seht, wird mir hier nach ueber 2 Monaten immer noch nicht langweilig.

Viele Gruesse an das heute arbeitende Deutschland.

Eure Judith