Freitag, 22. Juni 2012

Mit 25 km/h in die Sonne

Also an die ganzen Feiertage in Kolumbien kann man sich echt gewöhnen, letzten Montag war schon wieder einer und so hat mein Onkel mich und ein paar Freunde auf seine Finca in den Llanos eingeladen.
Die Llanos bezeichnet ein großes Gebiet östlich der Andenkordillere, mit 300 000 km2 macht diese Region fast 1/3 des Landes aus, ist aber weitgehenst unbewohnt. Das Klima ist tropisch: Sehr heiß und extrem feucht, deshalb ist alles weit und breit grün. Die Llanos sind total flach, man kann ewig in die Ferne schauen, ohne auch nur einen kleinen Hügel zu sehen. Es werden viel Reis und Ölpalmen angebaut, aber auch Viehzucht (vor allem Rinder und Kühe) wird betrieben. Vor einigen Jahren wurden dort Erdöl und Petroleum gefunden und seitdem boomt die Gegend.
Besonders interessant ist das Gebiet auch für die Paramilitärs, mehrer Gruppen, die gegen die Guerilla kämpfen und dabei vor allem auch die Zivilbevölkerung, ihrer Meinung nach der Nährboden der Guerillabewegung, terrorisieren. Auf der Straße, die von den Llanos in die bevölkerte Andenregion führt, sieht man einige Panzer, die versuchen eben die Paramilitärs aufzuhalten, in die Städte der Anden zu kommen.
Bis zur Finca meines Onkels sind es von Duitama aus ca. 140 km, für diese Strecke haben wir aber eben mal 6 Stunden gebraucht. Und das ohne Stau oder viel Verkehr. Um in das Flachland zu kommen, muss man erst einen Pass überqueren und dann die ganzen Anden hinunter fahren. Die Strecke ist unheimlich kurvig, mein Magen fand das nicht so toll ;)
Aber das größte Problem auf dieser Strecke sind die vielen Erdrutsche, es regnet unheimlich viel und so kommt immer wieder der Hang runter. Es gibt nur 2 Straßen, diese können nicht einfach gesperrt werden, wenn sie verschüttet sind und da wir hier in Kolumbien sind und Sicherheit sowieso nicht groß geschrieben wird, fahren die Kolumbianer einfach über die Schlammlawinen hinweg. Aus diesem Grund konnten wir kilometerlang nur im Schritttempo fahren. Trotzdem hat der Bus unheimlich gewankt und ich dachte nicht nur einmal, dass wir nun gleich umkippen.
Die Fahrt hat sich aber gelohnt, denn endlich sind wir heraus aus dem ewigen feucht-kalten Duitama gekommen, haben uns am Pool gesonnt und viele exotische Tiere beobachtet.
So z.B. eine 1 m lange Echse, neon-orangene und rosafarbige Vögel und vieles mehr. Leider gibt es auch Unmengen von Insekten und ohne Schutz wird man vollkommen zerstochen. Denguefieber ist dort weit verbreitet.
Die Landschaft und das Klima sind der totale Kontrast zu dem, was ich täglich in Duitama und Umgebung habe, hier sehe ich nur Berge, es ist recht kalt und regnerisch. Ein toller Anblick, wenn man aus den Anden kommt und sich vor einem, so weit das Auge reicht, flaches Grasland erstreckt.
Am Montag mussten wir dann die ganze Strecke wieder zurück, aber es hat sich gelohnt.

Liebste Grüße
von eurer braun gebrannten Judith


lecker...Mango frisch vom Baum



die Straße



Samstag, 9. Juni 2012

Kolumbianer und das Geld

Wie überall auf der Welt, dreht sich auch hier viel zuviel ums Geld. Die Leute haben meist nicht genug davon, aber sobald sie einen Schein in der Hand halten, wird er auch gleich wieder ausgegeben. Sie leben von der Hand in den Mund, oftmals geben sie das bisschen Geld, das sie verdienen, auch für den größten Mist aus. Da wird gar nicht nachgedacht, was man am nötigsten braucht, sondern einfach das Nächstbeste, was einem eben gefällt wird gekauft. So kaufen arme Eltern ihren Kindern lieber ein Spielzeug oder Süßigkeiten, als ein neues Paar Schuhe, Schulsachen oder einfach etwas Gutes zu essen. Viele meiner Kids kommen morgens mit einem Bonbon im Mund oder einem Lolli in der Hand in den Kindergarten, ohne aber gefrühstückt zu haben, weil die Eltern kein Geld haben, um ihnen auch nur ein Brötchen zu kaufen.
Die Kolumbianer lieben es, Geld auszugeben und meist geben sie mehr aus, als sie eigentlich haben. Sie kaufen Dinge einfach nur, weil sie eben gerne einkaufen, da wird dann alles auf Raten gekauft, Hauptsache, man hat es, wie man es dann bezahlt, darüber kann man ja anschließend nachdenken. Alle Leute haben irgendwo Schulden oder Kredite aufgenommen, die sie nun nicht abbezahlen können und häufen so immer mehr Schulden an. Aber sparen ist eher ein Fremdwort und keiner kommt auf die Idee, etwas vom Lohn zurückzulegen, um die Schulden abzubezahlen, die werden über Jahre angehäuft und vermehren sich, bis dann irgendwann ernstere Probleme auftauchen. Aber bis dahin gibt man lieber jeden Cent für Unnötiges aus.
Da eben, wie gesagt, fast alle irgendwo Schulden haben, haben die Kolumbianer so etwas wie "private Banken" erfunden. Das funktioniert in Familien oder auf der Arbeit. Auch die Kindergärtnerinnen in meinem Projekt haben so ein System: Jeder zahlt monatlich einen bestimmten Betrag in eine gemeinsame Kasse ein, wenn dann jemand dringend eine größere Summe braucht, um seine Schulden abzubezahlen, wird das daraus genommen und der Schuldner zahlt den Betrag später wiederum in Raten ab. Am Ende des Jahres bekommt jeder theoretisch wieder sein Geld ausbezahlt. Die Idee ist ja ganz nett, nur leider klappt es in den meisten Fällen nicht so gut, da die Leute ihre Schulden auch dort nicht abbezahlen können und dann leihen sie sich woanders wieder Geld und so stehen sie plötzlich überall und bei allen „in der Kreide“ und können nichts zurück zahlen.
Auch bei Familienmitgliedern wird gerne geliehen und zwar nicht gerade kleine Summen, meine Gasteltern haben Geld an die Geschwister verliehen und an die Kinder und irgendwann, kommen die Schuldner schließlich an und beichten, dass sie es nicht zurückzahlen können und aus Mitleid wird ihnen dann alles erlassen.

Um es kurz zusammen zu fassen, es ist ein Chaos, weil die Leute mehr ausgeben, als sie haben und sich überall etwas leihen.

Auf der anderen Seite sind aber die Leute mit Geld, sehr großzügig, sie unterstützen ihre  Familiemitgliedern wo sie nur können, so zahlt zum Beispiel der Onkel die Studiengebühren des Neffen und die Oma verschenkt zu Weihnachten ein neues Auto an ihren Sohn.