Donnerstag, 23. Februar 2012

Hogar Infantil Club Kiwanis

Nach einer Woche Eingewöhnungszeit und sehr sehr langen Ferien hieß es endlich mal wieder arbeiten. Letzten Montag sollte ich mich eigentlich um 9.00 Uhr bei der neuen Arbeit vorstellen, um 8.45 Uhr wurde ich angerufen, dass ich doch noch nicht  zu kommen brauche, 15.00 Uhr würde auch reichen...Gut, dann bin ich also um 15.00 Uhr hin, nur um festzustellen, dass die noch gar nicht geöffnet haben, weil sie sich noch nicht über den Direktor der neuen Institution einigen konnten. Es ist ein topmoderner neuer Kindergarten, der von zwei verschiedenen Ministerien zusammen gebaut wurde, nur leider streiten diese zwei gerade darüber, wer denn die Leitung übernehmen soll. Das ist sehr schade, denn der Kindergarten bietet Platz für 500  sozialbedürftige Kinder und diese können nun leider noch nicht betreut werden und das, obwohl das Schuljahr schon seit über einem Monat angefangen hat. Daher muss auch ich noch auf meinen Arbeitsbeginn dort warten, angeblich wäre es schon fast geklärt, aber das hat hier irgendwie noch gar nix zu sagen.

Solange dieses Projekt noch nicht offen hat, werde ich im "Club Kiwanis" arbeiten, das ist ebenfalls ein öffentlicher Kindergarten, der den gleichen Träger hat, wie der in Popayan, meinem vorherigen Einsatzort. Hier gibt es zwar nicht so viele von der Guerilla vertriebene Familien, aber Armut ist hier weit verbreitet und die Kinder bekommen im Kindergarten eine Betreuung und Essen. Er ist mit 150 Kindern recht klein und überschaubar. Die erste Woche habe ich die Babys betreut. Die eigentliche Kindergärtnerin von ihnen war krank und so war ich einen Tag ganz alleine mit 9 Babys im Alter zwischen 9 Monaten und 1,5 Jahren. Die anderen Tage waren wir aber bei der Versorgung von 11-12 Babys zu zweit. Das war auch dringend nötig, denn die müssen ja nicht nur betreut, sondern auch gefüttert, gewickelt und in den Schlaf getragen werden. Ich brauche euch nicht zu sagen, dass das echt anstrengend war und ich mir die halbe Stunde Mittagsschlaf, während endlich alle mal geschlummert haben, redlich verdient habe :)
Das war eine ganz andere Erfahrung, als die mit den größeren Kids im letzten halben Jahr. Ich fand es ganz schön mit den Minis, aber eben auch echt anstrengend, weil die ja noch nichts alleine könne und man ständig herum rennt, von einem zum anderen und aufpassen muss, dass keines hinfällt oder sonst irgendwas Dummes macht. Und die, die noch nicht laufen können, schleppt man nebenbei den ganzen lieben langen Tag durch die Gegend. In dieser Woche dachte ich so manches Mal, dass mir mein Arm jetzt bestimmt gleich abfällt. Die Würmer wollten aber auch alle immer auf der selben Seite getragen werden...

Diese Woche war ich zur Aushilfe bei den 3jährigen. Ich weiß gar nicht, was anstrengender war? 11 Babys oder 33 Dreijährige...die ganze Woche war ich alleine mit den kleinen Monstern. Sie sind irgendwie in einem schwierigen Alter (ich weiß, alle Kinder zu jeder Zeit sind in einem schwierigen Alter :). Gerade aber in dieser Lebensphase können sie schon viel selber, aber eben auch noch nichts so richtig. Sie gehen allein aufs Klo, machen aber auch noch in die Hose. Sie können alleine essen, das heißt aber nicht, dass sie das auch tun. Sie spielen alleine, wollen aber natürlich zudem immer beschäftigt werden. Und da stellte sich mir in einem Zimmer, wo nicht einmal Papier zum Malen zur Verfügung steht, die große Frage, wie beschäftige ich 33 kleine Wirbelstürme... Das war echt nicht ganz so einfach, weil sie sich immer gezofft haben und ich nebenbei auch noch aufpassen musste, dass keiner den anderen kratzt. Wenn das passiert, dann heult das Kind den ganzen Tag, weil es zur Mama will oder ein anderes kotzt immer aus Wut. Von Ruhe und "jetzt sind wir alle mal ganz still", konnte ich da nur träumen. Aber gut, ich habe mich doch gut durchsetzten können und mittlerweile folgen sie mir ganz gut. Ein wunderbares Mittel ist der Satz: "Wenn du dich aufführst wie ein Baby und schreist und weinst, dann steck ich dich in die Babygruppe", da will wirklich keiner mehr hin von den Größeren :)
Dank einigen Tipps von meiner Gastmutter (sie ist Grundschullehrerin) und ein paar Spielen, die ich noch so kannte, hab ich sie schließlich doch immer beschäftigen können. Was ihnen total gut gefallen hat, war "Pferderennen", wo man mit den Händen auf den Oberschenkel das Trabgeräusch der Pferde nachahmt und Kurven "rennt" und springt.
Noch schwieriger als die Kinder sind aber oft die Eltern, die sich darüber beschweren, dass ihr Kind beim Spielen hingefallen ist oder einen Kratzer von einem anderen abbekommen hat (das Kind selbst hatte die längsten Fingernägel...). Ganz toll war auch die Beschwerde, dass ein Kind sich stets die Hose dreckig macht. Na toll, was kann ich dazu, wenn dieses Kind immer sich seinen Joghurt da drüber kippt, nur weil es ihn nicht trinken will. Wenn ich dann vorschlage ihm einfach keinen Joghurt mehr zu geben, dann heißt es, dass das Kind aber doch das trinken soll, weil es so dünn ist.

Ich würde mal sagen, es bleibt spannend, aber es macht mir trotzdem sehr viel Spaß und am schönsten ist es, wenn alle über beide Ohren strahlen und glücklich sind. Oder die Kids morgens auf mich zu rennen, mich umarmen und dabei ganz vergessen, der Mama "Tschüss" zu sagen.

Liebste Grüße
eure Judith

Donnerstag, 16. Februar 2012

ein paar Bilder

Mittagessen mit der Familie

im Stadtzentrum Duitamas

hab ich schon mal erwähnt, dass hier viele Kühe rumlaufen?

mein Neffe, Daniel

Aussicht auf den Lago Sochagote

meine Gastfamilie: Doris, Diego Fernando, ich, Hector und meine Nichte Camila
Das wohl schönste Bild von Duitama

Freitag, 10. Februar 2012

Duitama

Das ist also mein neues Zuhause für die nächsten 6 Monate.

Nun kurz zu den Ereignissen der vergangenen Wochen. Am 30.1 war mein letzter Tag in Popayan, nach einem gemütlichen Frühstück sind wir mit etwas Verspätung zum Flughafen gefahren. Einer der Freiwilligen hat es doch tatsächlich geschafft eine ganze Stunde zu spät zu kommen, aber das hat nichts ausgemacht, denn das Flugzeug hatte auch Verspätung.
Der Abschied war traurig, aber da ja die meisten in der Osterwoche wieder zu Besuch kommen wollen, haben sich die Tränen in Grenzen gehalten.
Mit der Propellermaschine ging es durch einige Turbulenzen Richtung Bogota. Dort haben wir uns mit anderen Freiwilligen aus dem ganzen Land getroffen. Zusammen hatten wir 5 Tage lang ein Camp auf einer Finca außerhalb Bogotas. Dort haben wir über die Erlebnisse des letzten halben Jahres gesprochen und versucht, das ein oder andere Problem unserer Kollegen zu lösen. Auch haben wir uns bezüglich unserer Erwartungen für die nächsten 6 Monate ausgetauscht. Es war schön, alle wieder zu sehen und zu erfahren, was sie so erlebt haben.

Letzten Freitag ist jeder Freiwillige wieder in seine Stadt zurück, das nächste Mal werden wir uns wohl erst am Flughafen in Bogota wiedersehen, als wenn wir zurück nach Deutschland fliegen.
Ich bin mit einer kleinen Gruppe im Bus nach Boyaca gefahren, das ist ein Departemento (eine Region) 3 Stunden nördlich von Bogota. Mit reichlich Verspätung sind wir erst in der Hauptstadt Tunja und später in meiner neuen Stadt Duitama angekommen.
Leider konnte ich aus organisatorischen Gründen nicht sofort zu meiner neuen Gastfamilie und habe so die erste Nacht bei einer anderen Deutschen verbracht.
Aber schon gleich am Samstag habe ich dann die neue Familie kennen gelernt. Ich wohne zusammen mit der Gastmutter Doris, dem Gastvater Hector, und meinem 26jährigen Gastbruder, Diego Fernando. Meine Gasteltern waren beide schon einmal verheiratet und so habe ich viele Gastgeschwister, aber alle sind älter.
Wir leben in einem sehr modernen Haus nahe des Stadtzentrums, wobei Duitama so klein ist, dass eigentlich alles in der Nähe des Zentrums liegt :)
Diego war vor 2 Jahren für ein Jahr in den USA und hat dort in einem College gearbeitet.
Sie sind unglaublich lieb und kümmern sich sehr um mich.
Diese Woche habe ich noch nicht gearbeitet und hatte so etwas Zeit, um mich einzugewöhnen. Aber ab Montag werde ich in einem neuen öffentlichen Kindergarten arbeiten. Hier gibt es zwar kaum Guerilla, aber dafür viel Armut.

Boyaca ist eine sehr ländliche Region mit viel Landwirtschaft. Hier leben wohl mehr Kühe als Personen. Es gibt keine große Stadt, dafür aber viele kleine Dörfer und jedes Dorf hat eine Besonderheit. In dem einen gibt es Thermalquellen, in dem anderen leckere Süßigkeiten oder andere Spezialitäten, ganz in der Nähe ist das so genannte Flitterwochendorf etc. So gibt es viele Möglichkeiten für Ausflüge am Wochenende. Ich merke es hier, wie eingesperrt ich die letzten Monate in Popayan war, wo ich aus Sicherheitsgründen ja nie die Stadt verlassen durfte. Duitama an sich hat zwar knapp 200 000 Einwohner, ähnelt aber eher einem Dorf, so gibt es sogar mitten im Zentrum Kuhweiden. Es hat auch kaum Struktur und ist einfach ein Haufen ärmlicher Häuser. Das Zentrum besteht aus einem großen Betonplatz mit einer Kirche. Aber trotzdem kann man hier so ziemlich alles finden, was man zum Leben braucht.

Das Wetter hier ist etwas verrückt: Duitama, die Stadt an sich, liegt auf 2600-3000 Metern Höhe, aber sobald man ein Stück herausfährt kommt man leicht auf 3300 Meter. In der Nähe gibt es auch einen Berg, der eben mal 5200 Meter hoch ist. Die Höhe ist aber kein Problem mehr für mich, was ich merke ist, dass ich abends, auch ohne etwas getan zu haben, sehr müde bin. Nun ist es, wenn die Sonne scheint, unglaublich warm und die Sonne ist sehr aggressiv, es brennt richtig auf der Jeans. Sobald nun aber eine Wolke kommt, ist es schnell sehr kühl. So kann es an einem Tag 26 Grad mittags und abends 5 Grad haben. Man muss also immer etwas Warmes zum anziehen bereit haben. Im Moment ist Sommer, aber nächsten Monat beginnt schon wieder die Regenzeit, da kann es also noch einmal etwas kälter werden.

Meine Gastfamilie ist etwas alternativ eingestellt, so sind meine Gasteltern Vegetarier, was hier in Kolumbien überhaupt nicht bekannt ist. Bei ihnen wird viel Vollkorn und im Allgemeinen sehr gesund gegessen. Das finde ich sehr gut, denn ich vermisste es bislang schon etwas, mal ein bisschen Gemüse und nicht immer nur Reis mit einem großen Stück Fleisch zu essen.
Auch sind sie nicht katholisch, sondern freigläubig, was im erzkatholischen Kolumbien ebenfalls eine Ausnahme ist.
Bereits  am zweiten Tag wurde ich mit ins Fitnessstudio genommen, es war übrigens das erste Mal, dass ich so etwas von innen gesehen habe...Ich brauche euch wohl kaum sagen, dass ich immer noch Muskelkater habe :)

Bilder stelle ich die nächsten Tage hoch.

Liebe Grüße vom Lande

Judith