Sonntag, 9. Oktober 2011

Cuando un Cristiano danza

...so hieß eines der viele Lieder, die wir heute in der Kirche gesungen haben. Jetzt wundern sich bestimmt viele, was ich in der Kirche mache. In Deutschland bin ich ja eher kein Kirchengänger, aber eine Bekannte aus meinem Viertel hat mich gefragt, ob ich mit ihr zum Gottesdienst möchte und da hab ich gleich zugesagt, weil das hier etwas anders abläuft. Um 7.30 sind wir zu einer nahe gelegenen Kirche gelaufen, dort waren schon viele Gläubige anwesend. Innerhalb von ein paar Minuten war die Kirche gerammelt voll. Und wie es sich für einen echten Kolumbianer gehört, ist der Pfarrer auch erstmal 20 Minuten später gekommen. Aber das hat keinem was ausgemacht, da wir solange einige Lieder gesungen haben. Die Leute benutzen keine Gesangsbücher, sie können die Lieder auswendig oder der Sänger der Band singt eine Strophe vor und die Gemeinde wiederholt sie. Wenn gesungen wird, tanzen alle dazu und strecken die Hände zum Himmel. Der Pfarrer war auch recht witzig, er hat uns immer angefeuert beim Singen, selbst auch viele Fragen direkt an die Gemeinde gestellt. Zum Beispiel: "Wie ist der Herr?" und alle schreien zurück : "Großartig ist der Herr". Wenn man einen solchen Gottesdienst besucht hat es also den Anschein, als wäre es eher ein Konzert. Auch der Pfarrer selbst hat einige Balladen gesungen und ist hinter dem Altar rumgetanzt. Aber die Texte und Gebete sind streng katholisch. Vieles kam mir bekannt vor aus Deutschland, z.B. das Glaubensbekenntnis. Die Leute beten sehr innig und rennen am Ende alle vor zum Pfarrer um einen Spritzer Weihwasser abzubekommen.
Der Pfarrer hat eine schöne Predigt gehalten, es ging darum, dass man nicht immer so viel über sein Leben jammern, sondern mal mehr auf die schönen Dinge achten soll. Und man hat immer zwei Möglichkeiten, entweder man nimmt Herausforderungen an und wächst daran oder man versinkt in Selbstmitleid. Ich konnte mich mit einigen Dingen, die er sagte, gut identifizieren, da es hier nicht immer leicht für mich ist und ich schon die ein oder andere Herausforderung  zu meistern hatte.

Nun noch kurz zu einem anderen Thema: Am Freitag war in ganz Kolumbien ein Streik der Lehrer und Erzieher. So musste auch ich nicht arbeiten und hatte einen freien Tag. Zusammen mit Lina, einer anderen Freiwilligen, bin ich mittags ins Zentrum und wir haben uns die Demo angesehen. Allerdings war so viel Polizei anwesend, dass man mehr bewaffnete Polizisten gesehen hat, als Demonstranten. Das Problem ist, dass die Regierung fast kein Geld für Bildung ausgibt und so müssen die Schüler selbst für öffentliche Schulen viel bezahlen und das kann sich nicht jeder leisten. Allerdings ist das nichts Neues und schon seit einigen Jahren gibt es regelmäßig Streiks und Demos, es ändert sich allerdings wenig. Wenn ich hier erzähle, dass bei uns Schule für alle kostenlos ist und Bildung nicht vom Einkommen der Eltern abhängt, dann können sie das kaum glauben. Sie sind fasziniert von unserem Sozialsystem. Die Demo verlief  sehr friedlich und die Wasserstrahler und die viele Polizisten kamen nicht zum Einsatz.

Nun wünsche ich euch allen eine schöne Woche und bis bald!

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