Dienstag, 22. Mai 2012

von der Stadt des ewigen Regens und einer Kathedrale 180 Meter unter der Erde

Am Freitag hatten wir alle wegen dem "Tag des Lehrers" frei und sind mit läppischen 2 Stunden Verspätung in unseren Wochenendtrip aufgebrochen ;)
Erst ging es nach Cogua, einem Minidorf nahe Bogota, denn da kommt mein Gastvater her. Seine Familie ist recht arm aber sehr nett. Sie wohnen in einer Hütte am Hang, außerhalb der Stadt, leben von dem, was sie im Garten anbauen und den 40 Hühnern, die irgendwie überall sind. Ich hab leider immer noch nicht verstanden, wer alles in diesem Haus wohnt, aber mindestens 10 Leute in 2,5 Zimmern. Der Vater hat in der nahegelegenen Salzmine gearbeitet, ansonsten hat keiner in der Familie eine regelmäßige Einkunft und so müssen sie mit der mageren Pension auskommen. In dem Haus kochen sie auf einem Kohleofen und es war nachts furchtbar kalt, da sie nicht überall Scheiben in den Fenstern haben und die Temperatur nachts hier ja auch mal auf 0 Grad sinken kann. Aber sie sind unwahrscheinlich nett und es war gut, auch einmal so etwas zu sehen und zu erleben. Sie waren begeistert, dass eine Ausländerin bei ihnen zu Besuch ist. Auch wenn sich keiner merken konnte, woher ich denn genau komme, aber Hauptsache "bunte" Augen.
Am Freitagabend bin ich bereits mit dem Bus nach Bogota voraus gefahren, die anderen (meine Gastmutter, Gastvater und Nichte) sind am Samstag nachgekommen. Dort hat mich Diego, mein Gastbruder, abgeholt und wir sind abends ausgegangen. Da er seit 2 Monaten in Bogota wohnt und arbeitet, konnte ich bei ihm übernachten. Bogota ist so riesig und so chaotisch, auf der anderen Seite wähnt man sich aber auch immer wieder wie auf dem Land, weil Kühe und Esel auf der Straße herumlaufen, Frauen vor der Haustür Hühner rupfen und halbnackte Kinder auf der Straße spielen. Daneben dann die Straßen des ewigen Staus, Bogota ist schrecklich, was den Verkehr angeht. Es gibt auch keine S- oder U-Bahn. Nur ein Bussystem, mit dem die Fahrt aber ewig dauert, weil man gefühlte 20 Mal umsteigen muss. In der Metropole regnet es eigentlich jeden Tag und zu jeder Zeit. Nicht immer viel, aber ständig nieselt es so. Das liegt daran, dass Bogota genau am Rand der Anden liegt und aller Regen der vom Atlantik kommt sich dort abregnet. Man ist eigentlich nur am Schirm auf und zu machen.
Diego hat mir am Samstag etwas von Bogota gezeigt, es gibt touristisch nicht so viel zu sehen, aber trotzdem gibt es einige interessante Ecke und Plätze. Nachmittags kam der Rest der Familie und wir haben in einem der Millionen Centro Comerciales (Shoppingmalls) zu Mittag gegessen. Die sind riesig und es gibt sie überall, aber irgendwie ist es halt doch immer dasselbe... Anschließen sind wir auf den Aussichtsberg, auf dem ich auch schon am Anfang meines Freiwilligendienstes mit dem AFS war, die Sicht ist immer noch überwältigend, ich habe nie so eine große Stadt gesehen, ein unendliches Meer aus Häusern. Den Süden bildet die "Ciudad Bolivar", die größte illegal entstandene Armensiedlung der Stadt. Dort leben ca. 2,5 Millionen Menschen in Wellblechhütten und die Kriminalitätsrate ist immer noch immens. Dafür, dass Bogota in den 90ern noch als eine der gefährlichsten Städte der Welt galt, kann man sich heute dort allerdings recht frei und sorglos bewegen. Momentan beträgt die Mordrate noch 19%, also kommen auf 100 000 Einwohner 19 Morde.
Abends waren wir noch im Goldmuseum, dort ist die größte Sammlung an Gold-, Platin- und Silberschmuck der vorkolonialen Zeit Kolumbiens zu sehen. 35.000 Stücke sind ausgestellt und es ist unglaublich schön und faszinierend, wie die indigenen Völker in der präkolumbianschen Zeit mit einfachsten Mitteln diese Artefakte herstellten.
Mit Diego bin ich abends in eine der reicheren Zonen, dort kostet ein Essen auch eben mal 20 Euro, zum Vergleich: In Duitama 2 Euro und die Reichen fahren mit eigenem Chauffeur vor.
Sonntags sind wir erst in den botanischen Garten und nach dem Mittagessen nach Zipaquira, dort ist die Salzmine, in der Hectors Vater gearbeitet hat. Seit dem 19. Jahrhundert wird dort Salz abgebaut und 1952 wurde die Salzkathedrale gebaut, die größte der Welt. Auf 8.500 m2 wurde in 180 Metern Tiefe eine dreischiffige Kirche mit mehreren Kapellen und einem Kreuzweg gebaut. Alles in ihr ist aus Salz, auch ein 16 m hohes Kreuz. In zahlreichen Tunneln kann man die verschiedenen Kapellen besichtigen, bis man nach ca. 1,5 Kilometern das Hauptschiff und seine zwei Nebenschiffe erreicht. Alles ist wunderschön beleuchtet und es war eine der schönsten Sehenswürdigkeiten, die ich bisher in Kolumbien gesehen habe.
Die Nacht haben wir bei Hectors Familie verbracht, obwohl sie keine Platz haben, haben sie uns freudig aufgenommen und ein Zimmer für uns geräumt. Auf zahlreichen Matratzen und mit noch mehr Decken haben wir dann geschlafen.

Hectors Vater und eines der Kinder

Plaza Boliviar mit Regierungsgebäuden

kleine Gassen in der Millionenstadt

über der Metropole

ein Teil Bogotas

im Goldmuseum


das Hauptschiff der Kathedrale

der Salzwasserfall



eine Engelsstatue





Hausmannskost auf dem Kohleherd

das Haus


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen