Dienstag, 17. Juli 2012

Abschied von den Kindern

Gestern war mein letzter Arbeitstag. Ich habe versucht den Kindern zu erklären, dass ich nun gehe, dass ich mit dem Flugzeug weit weg fliege zu meiner Mama und meinem Papa, daraufhin haben einige gesagt: "Gut, dann komm ich mit zu dir und deiner Mama". Sie begreifen nicht, dass ich einfach nicht mehr wiederkomme...

Die Eltern der Kinder haben für mich nachmittags eine tolle Überraschungsfeier geschmissen, es waren fast alle da, was sehr unüblich ist, da sie sich normalerweise nicht für die Dinge im Kindergarten interessieren und wenig mithelfen. Aber es wurden sogar Großeltern oder Tanten geschickt, von denen, die nicht persönlich konnten.
Ein paar Mädchen haben mir etwas vorgesungen und einen Tanz aufgeführt, sehr putzig in traditionellen Kleidern. Ein Junge hat mir alleine ein Liedchen gesungen und da sind bei mir schon die ersten Tränchen geflossen. Sie haben mir Blumen, eine Tasche und eine Ruana (Poncho) zusammen geschenkt, von einige haben ich noch persönliche kleine Sachen, wie Süßigkeiten oder Bildchen bekommen. Ein Vater, der Bäcker ist, hat zwei Schokokuchen gebacken, die haben wir zusammen gegessen und eine Mutter hat eine sehr rührende Rede gehalten. Darüber, dass sie anfangs Angst hatten, als die eigentlich Lehrerin krank wurde, weil sie nicht wussten, bei wem sie ihre Kids lassen sollen, wenn sie selber arbeiten müssen und es keine Kindergärtnerin gibt. Und dass sie so froh waren, dass ich eingesprungen bin. Die Mutter sagte, dass ihre Tochter, seit ich da bin, so gerne in den Kindergarten geht und dass sie erzählt, ich sei ihre beste Freundin. Das hat mich wirklich sehr berührt, die Worte, die Anwesendheit all der Eltern, mit denen es nicht immer einfach war und dass sie mir trotz ihrer beschränkten Mittel so ein Fest und solche Geschenke bereitet haben.
Zum Abschied gab es von mir Süßigkeiten für alle und ich habe im Gegenzug viele süß-pappige Küsse von den Kleinen bekommen...

Ich frage mich nun, was mal aus den Kindern wird, was sie so in 10-15 Jahren machen werden. Viele haben leider keine Chancen und werden es nicht auf eine weiterführende Schule schaffen, aber bei ein paar habe ich die Hoffnung, dass die Eltern alles geben werden, damit sie mal einen Schulabschluss machen und vielleicht sogar auf die Uni können. Das wünsche ich mir auf jeden Fall so sehr, denn in ihnen steckt mehr, als nur ein Bonbonverkäufer im Bus oder ein Zeitungsmann auf der Straße...

Nach der Arbeit haben mir meine Kolleginnen noch eine Feier bereitet mit Pizza (statt Reis und Bohnen, die ich zu ihrer Belustigung nicht mehr sehen kann) und auch sie haben mir etwas geschenkt: Ein Spiel mit all den Sehenswürdigkeiten der Region, Ohrringe und eine Kette und auch das fand ich toll, da sie fast nix verdienen. Eine nach der anderen hat ein paar Worte an mich gerichtet und ich war so gerührt. Auch Kolleginnen, mit denen ich kaum etwas zu tun hatte, haben wunderschöne Worte an mich gerichtet und meine Direktorin meinte, ich hätte große Fußstapfen hinterlassen.

Mit einer Rose für jede habe ich mich auch von ihnen verabschiedet und bin mit einem weinenden und einem strahlenden Auge heimgegangen.

 Am Anfang des Freiwilligenjahres habe ich mich gefragt: Kann ich überhaupt was bewirken, nützt meine Arbeit überhaupt irgendwem etwas, ich meine, sie sind ja ohne mich vorher auch zurecht gekommen.
Gestern habe ich jedoch gemerkt, dass es gut war, dass ich da war. Ich habe einer Person ihren Job gerettet, weil ich eingesprungen bin, als sie krank war und sie deshalb ohne Probleme zu Hause bleiben konnte, ich habe Kindern Zuneigung und Aufmerksamkeit geschenkt, ich habe Eltern zugehört, wenn sie von den Problemen zu Hause erzählten und ich habe vielleicht etwas frischen Wind und Abwechslung in den Arbeitsalltag einiger Personen gebracht. Das alles ist nicht viel und ich habe damit bestimmt nicht die Welt verändert, aber wenn auch nur ein paar Leute ab und zu mal an die Deutsche zurück denken, die kam, ihnen zur Hand ging oder ihre Kinder auf dem Schoß hatte, dann hat es doch schon etwas gebracht und ich fühle ich mich gut, weil es keine verschwendete Zeit war. 

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