Montag, 16. Januar 2012

Weihnachten, la feria de Cali und Silvester

Am 22.12. bin ich von Ecuador wieder nach Kolumbien geflogen. Popayan hat zwar einen kleinen Flughafen, den fliegt aber nur einmal am Tag eine Propellermaschine aus Bogota an, deshalb bin ich von Cali aus nach Ecuador geflogen und dort auch wieder gelandet.
Meine Gastmutter kommt eigentlich aus Cali, einer 3 Millionen Stadt, ca. 2 Stunden von Popayan entfernt, ihre ganze Familie wohnt dort. Aus diesem Grund, und wegen einigen Unstimmigkeiten mit meinem Gastvater, wollte sie Weihnachten dort verbringen und so habe ich mich entschieden ebenso über die Feiertage zu bleiben.
Weihnachten war, sagen wir mal, etwas anders... Den ganzen Tag haben meine Oma und meine Uroma das Essen für die ganze Sippe vorbereitet. Wir sind immerhin über 50 Personen und alle wollten Weihnachten im Haus meiner Uroma feiern. Übrigens ist meine Uroma gerade einmal 73 Jahre alt, meine Oma 50 und meine Gastmutter ist erst 26.
Ich habe die ganze Zeit über geholfen, wir haben eine Art Hackbraten mit gedünstetem Gemüse und Reis gemacht. Außerdem gab es noch einen typischen Süßigkeitenteller, für den ich 3 Stunden lang Heferinge frittiert habe :)
Um 18.00 Uhr hab ich mal nachgefragt, wann denn alle kommen, da hieß es: "Gleich...“
Um 19.00 Uhr bin ich mal duschen gegangen und hab mich fertig gemacht, da hieß es : "Du musst dich doch nicht so beeilen".
Um 20.00 Uhr bin ich dann nochmals einkaufen gegangen, da wir nicht genügend Plastikteller hatten. Die Leute in den Geschäften haben mir ja leid getan, dass sie am Heiligabend noch so lange arbeiten müssen. Übrigens hat hier jeder Haushalt nur genau so viele Teller, wie Leute dort wohnen. Sobald mal einer mehr mit isst, werden grundsätzlich Plastikteller benutzt.
Um 21.00 Uhr war mir dann schon etwas langweilig und ich dachte, dass das ja nie mehr etwas mit Weihnachten wird.
Um 22.00 Uhr haben sich endlich die anderen auch so langsam fertig gemacht.
Um 23.00 Uhr habe ich die Weihnachtsmette besucht. Dafür, dass Kolumbien so ein gläubiges Land ist, war kaum jemand da, die Zeremonie hat sich gar nicht von einem normalen Gottesdienst unterschieden und war auch schon nach 20 Minuten vorbei. Danach gab es noch eine kurze Novena bei uns daheim und so langsam kamen alle Tanten, Onkels, Cousins...
Um 00.00 Uhr hat dann das Geschenkeverteilen angefangen. Das ging nicht irgendwie: Vorher hatte jeder einen Namen gezogen und für genau diese Person etwas besorgt, damit nicht jeder jedem was schenken muss. Es stand dann immer einer auf und hat die Person, für die das Geschenk war beschrieben und die anderen mussten sie erraten. Bei 50 Leuten könnt ihr euch vorstellen, dass es ewig gedauert hat. Die kleinen Kinder werden mit Geschenken überhäuft und der Rest bekommt genau eines. Weihnachten ist hier zwar total wichtig, aber eigentlich gar nichts Besonderes. Nach der Bescherung gab es noch das Essen, was auch sehr unspektakulär war und dann wurde noch bis 6 Uhr getanzt und getrunken. Vor allem meiner Uroma hat der Aguardiente (übersetzt: "Feuerwasser", Schnaps mit Anisgeschmack, ähnlich wie Ouzo) geschmeckt :)
Alles in allem kam es mir eher vor wie ein Geburtstagsfest und gar nicht wie Weihnachten...
Weihnachtsfeiertage gab es irgendwie gar nicht.

In der Woche zwischen Weihnachten und Silvester findet die berühmte Feria de Cali statt. Das ist eigentlich das Stadtfest, da Cali aber die Hauptstadt des Salsas ist, hat es sich mit der Zeit zum größten Salsafest weltweit entwickelt. Eröffnet wurde die Feria mit einem Umzug von Salsagruppen, Musikern, Sängern etc. Ich stand mit meinem Cousin schon 5 Stunden vorher an, nur um uns einen guten Platz zu sichern. Das Warten hat sich total gelohnt, denn es war echt beeindruckend. Die tanzten so unglaublich gut Salsa und hatten wunderschöne Kostüme an. Alle Zuschauer haben mitgewippt oder getanzt. Mehr als 4 Stunden dauerte der Umzug. Es war ein einzigartiges Erlebnis für mich.
Am nächsten Tag stand dann die Cabalgata an, das ist ein Umzug von 1000en von Cowboys zu Pferd. Die Tiere waren schön herausgeputzt und ihre Besitzer noch mehr. Da Cali auch die Hauptstadt für Schönheits-OPs ist, konnte man viele Frauen mit künstlich gemachten Ärschen und Brüsten sehen, was teilweise echt komisch aussah. Na, jeder hat da ja so sein eigenes Schönheitsideal.
Leider waren einige Teilnehmer stark betrunken und haben die Tiere schlecht behandelt. Jedes Jahr stürzen viele Leute und vor allem auch Pferde.
Weitere Attraktionen, bei denen ich aber nicht war, sind der Umzug der Oldtimer und die Parade des "alten Cali".
Sie gehört mittlerweile mit zu den bekanntesten und größten Musikfesten des amerikanischen Kontinents, weshalb Musikgruppen aus ganz Lateinamerika und den USA Live-Konzerte geben. Jeden Abend gibt es Konzerte und die Leute scheinen 24 Stunden und das 7 Tage lang durchzutanzen. Für die Feria haben die meisten Unternehmen geschlossen und die, die offen haben, haben nur einen Arbeitstag bis 14.00 Uhr, damit auch alle gut feiern können.
Weiterhin gab es viele Wettbewerbe für Schönheitsköniginnen aber auch die besten Salsatänzer und Musikgruppen.

Wenn ich gerade mal nicht auf der Feria war, hat mir mein Cousin die Stadt gezeigt. Cali ist eher für sein Drogenkartelle bekannt, als für Sehenswürdigkeiten. Dennoch gibt es einige schöne Plätze und das Zentrum mit seinen viele fliegenden Händlern, der lauten Musik, dem Geschreie und Gedränge der Menschen, hat auf jeden Fall auch seinen Charme. An jeder Ecke oder aus fast jedem Haus dröhnt ununterbrochen Salsa und es gibt in ganz Cali wohl keinen ruhigen Fleck. In Cali befindet auch eine der größten Armensiedlungen in Kolumbien. "Aguablanca" ist eine riesige Wellblechsiedlung mit mehr als einer halben Million Einwohner, die quasi eine eigene Stadt bildet. Dort leben die ärmsten der Ärmsten.
Einen Tag lang war ach auch an einem Fluss außerhalb der Stadt, das ist wohl einer der wenigen im ganzen Land, in dem man problemlos baden kann. Kolumbien hat ein großes Abwasserproblem und die meiste Abwässer werden ohne Rücksicht in die Flüsse geleitet. Doch dieser eine Fluss kommt direkt aus den Bergen und sein Wasser ist klar und erfrischend. In Cali hat es ca. 27 Grad Durchschnittstemperatur, es ist also sehr heiß und so tat mir die Ankühlung ganz gut.

Silvester war noch unspektakulärer als Weihnachten. Ich saß mit meiner Uroma und Oma am Küchentisch und wir haben bis 00.00 Uhr gewartet, dann haben wir uns kurz umarmt und ein frohes Neues Jahr gewünscht. Um 00.05 Uhr lagen bereits alle im Bett und haben geschlafen. Meine Gastmutter hat sich gar nicht die Mühe gemacht bis Mitternacht auf zu bleiben. Es gab auch kein Feuerwerk auf der Straße, einfach nix. Das einzige, was man vielleicht noch sehen kann, dass ist eine Puppe aus Stroh, die verbrannt wird, als Zeichen dafür, dass das alte Jahr und all seine Probleme nun vorbei ist.

Mir war es ganz Recht, dass wir nicht so lange gemacht haben, denn am nächsten Tag ging es für mich schon weiter auf meine nächste Reise, doch dazu mehr im nächsten Eintrag...

Nachträglich wünsche ich euch noch allen ein frohes, neues Jahr und alles Gute!!!!

Geschenke...

Salsa bis in die Morgenstunden

La Feria














mit typischem Hut der Feria

Stadtzentrum von Cali

La Ermita

Aussichtspunkt über der Stadt

Ausflug zum Fluß

1 Kommentar:

  1. Hallo Judith,

    danke für die beiden schönen und sehr informativen Eintraege..
    Du hast sehr bildlich erzählt, das hat mir gut gefallen ("das erinnnert an Italien", "das müsst ihr euch wie in Jurassic Park vorstellen" etc).

    Wie ihr Weihnachten gefeiert habt find ich überraschend, bei uns wuerden es die Kinder niemals bis nach Mitternacht aushalten, bis sie ihre Geschenke bekommen.

    Danke für die Info "wie sich das Wasser dreht". Wenn ich mal in einer Quizshow sitze, dann werde ich sicher richtig antworten.

    Ansonsten ist bei uns hier alles cool. Die Lernphase hat begonnen, aber das bekomme ich schon hin.
    Sitze im Moment in der Bibliothek neben Nadja.
    Sie lernt sehr diszipliniert für ihr Abi.
    Heute mit einem freundlichen Gesichtsausdruck, ich glaube sie hat die Mathe Hefte nicht dabei. :-)

    Ich möchte schließen mit einem bildlichen Vergleich. Das letzte Bild "Ausflug zum Fluß" erinnert mich sehr an Neuseeland, da konnte man auch "quellnah" baden.

    Grüße und bis bald, Jonas

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